Seit dem 21.12.2021 läuft die Sammelfrist für die beiden Volksinitiativen „Einmal-darüber-schlafen-Initiative“ und „Lebensfähige-Babys-retten-Initiative“. Unter anderem werden die beiden Volksbegehren vom Verein „Jugend für das Leben Schweiz“ unterstützt. Dem Verein zugehörig ist die Baslerin Jacinta Odermatt, die Benjamin Zürcher für Zukunft CH Einblicke in ihre Unterstützungsarbeit bezüglich der beiden Initiativen gab.
Zukunft CH: Frau Odermatt, inwiefern sind Sie für die beiden Initiativen tätig?
Odermatt: Ich bin im Verein Jugend für das Leben. Als Verein haben wir unter anderem aktuell das Ziel, uns für die zwei Initiativen zu engagieren. Im Rahmen der Vereinsarbeit setze ich mich für die Unterschriftensammlung ein.
Zukunft CH: Über welche Initiativen sprechen wir eigentlich?
Odermatt: Beide Initiativen betreffen den Lebensschutz. Die erste Initiative, die Einmal-darüber-schlafen-Initiative, möchte, dass per Gesetz ein Tag Bedenkzeit zwischen dem ärztlichen Gespräch und der Abtreibung eingeführt wird. Die zweite Initiative, die Lebensfähige-Babys-retten-Initiative, betrifft das Ende der Schwangerschaft. Es geht um Kinder ab der 21. Schwangerschaftswoche.
Zukunft CH: Welche der beiden Initiativen finden Sie persönlich wichtiger?
Odermatt: Ich persönlich finde die zweite Initiative wichtiger, auch wenn sie schwerer umsetzbar ist, da sie sehr komplex ist. Die erste Initiative ist viel verständlicher.
Zukunft CH: Warum mussten es eigentlich Initiativen sein und keine parlamentarischen Vorstösse?
Odermatt: Im Parlament kam es bereits zu gewissen Vorstössen in diese Richtung; allerdings fanden diese keine Beachtung. Die Möglichkeit, unsere Anliegen mittels Volksinitiativen zu vertreten, ist eine Chance dafür, dass das Lebensrecht wieder zu einem breit diskutierten gesellschaftlichen Thema wird.
Zukunft CH: Laut Medienberichten wollte der Verein Mamma auch eine Herzschlag-Initiative nach texanischem Vorbild lancieren. Warum wurde diese Idee verworfen?
Odermatt: Was die Medien sagen, stimmt nicht immer. Diese Idee wurde bisher noch nie ernsthaft in Erwägung gezogen. Die Schweiz wäre derzeit gesellschaftlich nicht bereit für eine solche Volksinitiative. Da muss die Gesellschaft als Ganzes noch wachsen und das ungeborene Kind als Menschen noch mehr respektieren lernen.
Zukunft CH: In beiden Initiativkomitees befinden sich insgesamt neun Männer. Sollte das Thema Abtreibung nicht ausschliesslich Frauen überlassen werden? Schliesslich können nur Frauen wissen, wie es ist, schwanger zu sein …
Odermatt: Gegenfrage: Wie viele Frauen haben wir in den Komitees?
Zukunft CH: Total elf Frauen
Odermatt: Sehen Sie, wir haben insgesamt mehr Frauen als Männer. Ich finde, Abtreibung und Lebensschutz ist auf jeden Fall auch ein Thema für Männer. Es ist wichtig, dass auch Männer ihre Verantwortung gegenüber Frauen und Kindern wahrnehmen und deshalb auch diese Anliegen unterstützen.
Zukunft CH: Die Initianten haben ja eine spezielle Form des Handelns gewählt. Normalerweise wird jeweils eine Initiative gewählt, nun existieren zwei Initiativen aus derselben Richtung im Doppelpack. Finden Sie das einen Vorteil oder Nachteil?
Odermatt: Ich sehe hierbei nur Vorteile. Da dieses Thema eine sehr hohe Emotionalität mit sich bringt, schaffen uns die beiden Initiativen die Möglichkeit, den Menschen auf der Strasse zwei verschiedene Ansätze zu präsentieren.
Zukunft CH: Die Einmal-darüber-schlafen-Initiative will, dass schwangere Frauen einen Tag Bedenkzeit vor einer Abtreibung einhalten müssen. Halten Sie Schwangere für unmündig, sofort die richtige Entscheidung zu treffen?
Odermatt: Weder halten wir Frauen für unmündig, noch zwingen wir sie zu einem Tag Bedenkzeit. Es ist das Gesetz, welches zum Schutz der Frauen und der ungeborenen Kinder vorsieht, dass ein Gespräch mit dem Arzt stattfinden und dieser der Frau gegen Unterschrift einen Leitfaden mit allen Hilfsstellen abgeben muss. Wenn er nun gleichzeitig die Abtreibungspille verabreicht, gibt er der Frau keine Zeit mehr, den Leitfaden zu studieren und allenfalls bei einer Hilfsstelle um Unterstützung nachzufragen. Das wäre eindeutig gegen das bestehende Gesetz. Auch die Schweizer Gynäkologen und Geburtshelfer wissen sehr genau, wie wichtig die Bedenkzeit ist, denn viele Frauen sind in Bezug auf die Abtreibung ambivalent. Schwangere Frauen sollen die Möglichkeit erhalten, dank einem guten Unterstützungsangebot sich für das Kind entscheiden zu können.
Zukunft CH: Die Initiative „Lebensfähige Babys retten“ will Abtreibungen verbieten, sobald das ungeborene Kind selbständig atmen könnte. Heute haben wir die Fristenregelung, welche Abtreibungen auch einschränkt. Welche Unterschiede existieren zwischen der heutigen Regelung und derjenigen des Initiativtextes?
Odermatt: Die Fristenregelung schränkt Abtreibungen nur insofern ein, dass man nach der 12. Schwangerschaftswoche nicht mehr grundlos abtreiben kann. Das heisst aber nicht, dass nach dieser Frist abtreiben verboten ist. Danach kann man immer noch abtreiben, solange man körperliche oder seelische Gründe geltend macht. Dadurch kann in der Schweiz bis kurz vor der Geburt abgetrieben werden. Es geht um etwa 100 Babys, die jedes Jahr in der Schweiz abgetrieben werden, obwohl sie ausserhalb des Mutterleibes bereits lebensfähig wären. Bei Annahme dieser Initiative dürfen Kinder, sobald sie ausserhalb des Mutterleibes überleben könnten (wenn nötig mit intensivmedizinischer Hilfe), nicht mehr abgetrieben werden.
Zukunft CH: Bis 21. Juni 2023 läuft noch die Sammelfrist. Wie steht es aktuell um die Unterschriftensammlungen?
Odermatt: Die Sammlungen laufen auf Hochtouren. Es ist zwar nicht immer einfach, bei diesem emotionalen Thema und bei kaltem Wetter mit Menschen in Kontakt zu kommen. In meiner Region, dem Raum Basel, wird jede Woche mit einer Gruppe für die Initiativen Unterschriften gesammelt.
Zukunft CH: Warum sind Sie persönlich Pro-Life?
Odermatt: Das ungeborene Kind ist ein Mensch von Anfang an. Das ist eine wissenschaftliche Tatsache. Und Menschen haben Menschenwürde und ein Recht auf Leben verdient. Deshalb ist ein Mensch schützenswert und sein Leben ist lebenswert. Egal ob ungeboren oder geboren. Das ist der Grund, weshalb ich Pro-Life bin.
Zukunft CH: Welchen Wunsch haben Sie an die Gesellschaft, wenn es um Hilfe für schwangere Frauen geht?
Odermatt: Was ich mir sehr wünschen würde, ist, dass die Gesellschaft ein gutes Umfeld für schwangere Frauen schafft. Ich wünsche mir von den Männern, dass sie ihre Verantwortung gegenüber Frauen und Kindern wahrnehmen und dass sie erkennen, dass sie dazu beigetragen haben, wenn ein Mensch entsteht. Von der Politik wünsche ich mir, dass sie Rahmenbedingungen schafft, damit Familien sicher leben können und dass schwangere Frauen viel Unterstützung finden.