Die Pandemie belastet die psychische Gesundheit von jungen Menschen. Heute gibt es mehr gefährdete Jugendliche und ihre Zukunftsängste könnten andauern. Die Suchtprävention ist gefordert, die Früherkennung und Frühintervention bei gefährdeten Jugendlichen zu stärken. Sucht Schweiz appelliert an Gesellschaft und Politik, ihre Chancen mit einem gesundheitsförderlichen Umfeld zu verbessern und sie vor aggressivem Marketing zu schützen.
Mehrere Studien berichten von starken Auswirkungen auf das psychische Wohlbefinden von jüngeren Menschen im Zuge der Pandemie. Fernunterricht, Beschränkungen bei Freizeitaktivitäten oder unsichere Zukunftsperspektiven hinterlassen ihre Spuren. Gewisse Entwicklungsschritte von manchen Jugendlichen waren nicht wie sonst möglich. In „normalen“ Zeiten wenden sie oft gute Strategien an, um Belastungen abzubauen. Sie treffen sich mit vertrauten Menschen, gehen ihren Hobbys nach. Während der Pandemie gab es zahlreiche Einschränkungen, welche die soziale Isolation oder Stress begünstigen. Wenn die Risikofaktoren wie Einsamkeitsgefühle zunehmen und gleichzeitig die Schutzfaktoren wie der Austausch im Freundeskreis abnehmen, steigt das Risiko von psychischen Problemen. Eine schlechte psychische Gesundheit erhöht auch bei Jugendlichen das Risiko für einen problematischen Substanzkonsum.
Pandemie schwächt schon gefährdete Menschen
Die Pandemie ist für zahlreiche Menschen auch eine sozio-ökonomische Krise und mit den Öffnungsschritten sind viele weiterhin gefordert, mit Unsicherheit oder Zukunftsängsten umzugehen. „Heute gibt es insgesamt mehr vulnerable Jugendliche und es wird wahrscheinlich auch in näherer Zukunft mehr geben“, erklärt Liliane Galley, Leiterin Prävention von Sucht Schweiz. Einmal mehr sind besonders jene betroffen, die schon zuvor grösseren Belastungen ausgesetzt waren (z.B. psychische Vorerkrankungen, geringe familiäre Unterstützung, prekäre finanzielle Verhältnisse etc.). Die Chancen, sich gesund zu entwickeln, sind in den letzten Monaten für viele gefährdete Jugendliche noch schlechter geworden.
Probleme früh erkennen und handeln
Umso wichtiger ist es, jetzt auf allen Ebenen in die Prävention zu investieren. Sucht Schweiz sieht es als gesellschaftliche Verantwortung, für Lebensbedingungen zu sorgen, welche die Entwicklung junger Menschen fördern und ihnen soziale und berufliche Perspektiven eröffnen. Und wenn die psychische Gesundheit und die gesunde Entwicklung gefährdet sind, braucht es rasch Hilfe. „Eine der zentralen Herausforderungen der Suchtprävention heute ist die Früherkennung und Frühintervention bei gefährdeten Jugendlichen“, betont Liliane Galley. Besonders Fachleute, die eng mit Jugendlichen zusammenarbeiten, müssen unterstützt werden, z.B. Schulsozialarbeit und Jugendarbeit, aber auch Eltern und Peers.
Konsumanreize nicht erhöhen und Jugendliche stärken
Gleichzeitig müssen Konsumanreize vermindert werden. Schon in „normalen Zeiten“ kurbeln Dumping-Preise den Konsum gerade bei Menschen mit kleinem Budget an. Sucht Schweiz ruft dazu auf, das Alkohol-, Tabak- und Geldspiel-Marketing zu überdenken. Denn es ist davon auszugehen, dass die Industrie mit der Lockerung der Schutzmassnahmen ihr Marketing verstärken wird – auch in Erwartung eines Nachholbedarfs. Hier braucht es Gegensteuer.
Ein für die Gesundheit förderliches Umfeld sowie die Stärkung von Resilienz und Schutzfaktoren sind in der Suchtprävention zentral. Der Konsumeinstieg muss so lange wie möglich hinausgezögert werden. Je früher sich junge Menschen den Konsum von Suchtmitteln zur Gewohnheit machen, desto grösser ist das Risiko einer späteren Abhängigkeit. In einem Alter, in dem sich der Organismus und die Psyche in voller Entwicklung befinden, reagiert der Körper besonders empfindlich auf Substanzen wie Alkohol, Tabak oder Cannabis. Kinder und Jugendliche mussten sich in der Gesundheitskrise solidarisch zeigen. Nun gilt es, dass ihre Bedürfnisse ebenfalls solidarisch Beachtung finden.
Es braucht u.a. die
- Einschränkung von Zugang und Attraktivität der Produkte, u.a. keine Dumpingpreise und keine Werbung, welche die Jugendlichen erreicht.
- Präventions- und Gesundheitsförderungsmassnahmen im schulischen und Freizeitbereich, um bei Jugendlichen die Schutzfaktoren zu stärken und Risikofaktoren zu vermindern
- Unterstützung und Sensibilisierung von Eltern mit Kindern im Jugendalter
- Unterstützung von Fachleuten zur Früherkennung und Frühintervention bei gefährdeten Jugendlichen
Quelle: Medienmitteilung Sucht Schweiz vom 2. Juni 2021