Alle reden von Menschenrechten mit der grössten Selbstverständlichkeit. Doch wie sie begründet werden können, darüber scheiden sich die Geister. Laut dem deutschen evangelischen Theologen und Menschenrechtsexperten Thomas Schirrmacher, der seit 2014 den Internationalen Rat der „International Society for Human Rights“ präsidiert, spricht von einem „unglaublichen ‚Begründungsdefizit‘ der UNO-Menschenrechtserklärung“. 2012 wies er in einem Interview mit „Bonner Querschnitte“ (Nr. 220), das an Aktualität nichts eingebüsst hat, auf den erstaunlichen Umstand hin, dass sich nirgends eine Herleitung oder Begründung der Menschenrechte findet, die halbwegs universal akzeptiert ist. Es gäbe verschiedene Begründungstraditionen, z.B. philosophischer Art wie das Naturrecht, welches aus der Natur des Menschen Rechte ableite, welche über dem staatlichen Recht stünden; oder auch Begründungen religiöser Art. Oft werde aber auf eine Begründung ganz verzichtet. Schirrmacher weist auf die Gefahren hin, die mit diesem Begründungsdefizit verbunden sind: „Wenn es (…) keine Rückbindung der Menschenrechtskataloge an irgendeine höhere Instanz gibt, sind die Menschenrechte eben nur das Ergebnis einer Abstimmung und gelten nur solange, solange ihnen zugestimmt wird.“ Die Begründung stünde „auf wackligen Füssen“ oder gelte „nur für bestimmte Religionen oder Weltanschauungen“. Das dem so ist, hat jüngst die Legalisierung der Abtreibung im mittlerweile weitgehend säkularisierten Irland anschaulich vor Augen geführt.