Die Integrationsdebatten rund um den Islam haben nun auch die Schweizer Armee erreicht. Für den Bundesrat scheint es nicht vorstellbar, dass die Armeeseelsorge ihre Aufgabe künftig ohne die Rekrutierung von „Militär-Imamen“ erfüllen könnte. Auch Armeechef Philippe Rebord hätte nichts dagegen einzuwenden. Doch braucht die Schweizer Armee tatsächlich Militär-Imame? Oder droht damit nicht vielmehr die Gefahr einer systematischen Unterwanderung der Armee durch radikale Islamisten?
Von M. Hikmat
Der reformierte Armeeseelsorger Matthias Inniger hält die Rekrutierung von Militär-Imamen für selbstverständlich im Zuge der Integration von Soldaten mit Migrationshintergrund. „So könne die Armeeseelsorge zum friedlichen Miteinander der Religionen und zur Integration des Islam beitragen“, sagte er vor einiger Zeit gegenüber der Tageszeitung „Der Bund“. Es verwundert nicht, dass sich die Armee mit einer Öffnung gegenüber dem Islam beschäftigt. Auf allen Ebenen wird momentan versucht, den Islam öffentlich anzuerkennen. In den Nachbarländern gehören Imame bereits zur Armee. Doch was sind die Gefahren einer solchen Entwicklung? Nachfolgend fünf wichtige Aspekte:
1. Niemand weiss, wie gross der Anteil an Muslimen in der Schweizer Armee genau ist. So wird eine grosse Diskussion wegen einer geschätzt sehr geringen Zahl muslimischer Soldaten geführt. Dabei stellt sich die Sinnfrage.
2. Das Thema könnte zu Spaltungen und Konflikten unter muslimischen Soldaten führen. Die Vielzahl der verschiedenen Strömungen im Islam (Sunniten, Schiiten, Aleviten usw.) tun sich schwer damit, einen Konsens zu finden. Sunniten würden einen schiitischen Imam nicht akzeptieren und umgekehrt. Diese Spaltung unter den Muslimen begann bereits im siebten Jahrhundert mit einer Auseinandersetzung um die Nachfolge Mohammeds. Seit der Trennung der beiden grossen islamischen Glaubensrichtungen (Schiiten und Sunniten) mit der Schlacht von Kerbela (Irak) im Jahr 680 n.Chr. sind diese bis heute verfeindet und bekämpfen sich immer wieder brutal. Zudem entwickelte sich im 13. und 14. Jahrhundert das „Alevitentum“ als eigenständige Konfession innerhalb des Islam. 20 Millionen der Türken sind z.B. Aleviten. Daneben existieren noch andere Splittergruppen.
3. Es muss die Frage nach den Werten gestellt werden, welche die Imame vertreten. Ein Seelsorge-Lehrgang der Universität Bern soll die Imame weiterbilden. Als Präventionsmassnahme sollen die Kandidaten vor der Weiterbildung einen Test absolvieren, damit radikale Tendenzen vorab erkannt werden. Dabei wird z.B. geschaut, welche Haltung die Prediger gegenüber Frauen haben oder ob sie Gewalt für legitim halten. Doch auch wenn ein solcher Test durchgeführt wird: Wäre es nicht naiv zu glauben, dass Imame unsere Werte akzeptieren, nur weil sie den Test bestanden haben? Es gibt aus Nachbarländern Fälle, bei denen islamische Seelsorger junge Muslime in Gefängnissen oder bei der Armee radikalisiert haben. In Frankreich organisieren „Militär-Imame“ für muslimische Soldaten seit 2008 jährlich Pilgerfahrten nach Mekka. Eine solch zunehmende Beschäftigung mit religiösen Fragen könnte zur Radikalisierung der Muslime beitragen.
4. Mit der Einführung der Militär-Imame würde eine islamische Parallelgesellschaft gefördert. In unserer Gesellschaft werden immer wieder „Halal“-Forderungen von Muslimen thematisiert, z.B. separate Grabfelder für Muslime, Islamunterricht, Halal-Tourismus usw. Jetzt soll auch die Armeeseelsorge „halal“ werden. Laut der Scharia (islamisches Gesetz) darf ein Muslim für Glaubensfragen, sein Lebenskonzept, seine Moralvorstellungen, Werte und Massstäbe jedoch auf keine anderen Quellen als den Koran und die Sunna zurückgreifen. Mit der Einführung von Militär-Imamen, die sich durch ihren Glauben der Scharia verpflichtet haben, würde man also die Verbreitung der Scharia begünstigen, welche verschiedene Menschenrechte verletzt.
5. Bei der Armeeseelsorge geht es meist nicht um spirituelle Nöte, sondern um allgemeine Anliegen wie Familie, Arbeit etc. Bei spezifischen Problemen einzelner Soldaten kann auf die Unterstützung von Fachpersonen zurückgegriffen werden, welche mit der Armee und ihren Prozessen vertraut sind. Eine Einführung von Militär-Imamen ist daher nicht nötig.
Bei dieser Diskussion muss in jedem Fall mit viel Verantwortung für die innere Sicherheit unseres Landes umgegangen werden. Der Islam darf nicht einfach als Religion betrachtet werden, denn im Islam gibt es keine Trennung zwischen Religion, Staat und Gesetz. Deshalb ist es wichtig, den Islam auch unter dem Aspekt einer Ideologie unter die Lupe zu nehmen. Muslimische Soldaten müssen zudem vor dem Einfluss der Islamverbände geschützt werden. Der Kampf gegen die Radikalisierung junger Muslimen kann nur gewonnen werden, wenn unsere Werte der Demokratie und der Toleranz im Mittelpunkt stehen und nicht die des Islam.
M. Hikmat ist Islamwissenschaftler und steht für Vorträge zu Themen rund um den Islam zur Verfügung. Bei Interesse melden Sie sich unter: http://www.zukunft-ch.ch/kontakt/
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