Mutter zu werden, ist für viele Frauen ein grosses Lebensziel. Ja, Mutter zu sein, empfinden viele als eine Art Berufung. Als Beruf ist das Muttersein jedoch leider nach wie vor nicht anerkannt. Dabei müsste eine Mutter eigentlich ein recht gutes Einkommen haben, wenn man der amerikanischen Internetseite Salary.com glauben darf.

Von Ursula Baumgartner

Was würde in der Berufsbeschreibung „Mutter“ stehen? Welche Berufe übt eine Mutter aus, meist ohne sich dessen bewusst zu sein? Salary.com zählt einige auf: Kinderpflegerin, Kindergärtnerin, Lehrerin, Köchin, Krankenschwester, Schneiderin, Berufsberaterin, Trainerin, Ernährungsberaterin, Haushälterin, Eventmanagerin, Fotografin, Klempnerin, Social-Media-Expertin, Beziehungsberaterin, Psychotherapeutin.

Gehaltsklasse: Richter

Ist es da ein Wunder, dass man als Kind denkt, Mama kann alles? Dass dem vielleicht nicht ganz so ist, wird einem erst später im Leben klar – wenn man hoffentlich auch allmählich in der Lage ist zu begreifen, warum ein einzelner Mensch nicht alles können kann.

Aus all diesen Aufgaben und den Arbeitszeiten, die einen Acht-Stunden-Tag höchstens belächeln, lässt sich das Jahresgehalt berechnen, das eine Mutter verdienen würde. Umgerechnet hätte es im Jahr 2019 bei 173‘853 Franken gelegen – vergleichbar mit dem eines Richters.

Viele Kinder, wenig Arbeit?

Am Muttertag soll es nicht um Geld gehen. Die Bedeutung der Liebe und der Fürsorge, die eine Mutter ihren Kindern schenkt, lässt sich ohnehin nicht in Franken, Euro oder Dollar messen. Und doch besteht die Gefahr, dass wir als Gesellschaft die Leistung und die Wichtigkeit einer Mutter unterschätzen. Dies zeigt sich z.B. in einer Statistik, die die Erwerbstätigkeit von Müttern in der Schweiz seit 1980 untersucht. Da heisst es: „Je mehr Kinder eine Mutter hat, desto weniger arbeitet sie.“

Gemeint ist natürlich: desto geringer ist die Wahrscheinlichkeit, dass sie einer Erwerbstätigkeit nachgeht. Dennoch drängt sich hier das völlig unsinnige Bild der geschmähten „Latte-Macchiato-Mutti“ auf. Mit diesem Namen umschreibt man Mütter, die angeblich nichts anderes zu tun haben, als halbe Vormittage lang mit Kaffeebecher auf dem Spielplatz zu sitzen. Vielleicht ist der Kaffeebecher dieser Mama aber nur das letzte Mittel, um nach einer durchwachten Nacht am Bett des zahnenden Babys nicht im Stehen neben der Rutschbahn einzuschlafen?

Es ist ein unglücklicher Zufall, dass das deutsche Verb „arbeiten“, das hier verwendet wird, sowohl für Leistung allgemein als auch für Erwerbstätigkeit stehen kann. Es ist jedoch symptomatisch für eine Gesellschaft, die die Leistung einer Mutter immer noch viel zu wenig als Arbeit anerkennt. Durch derartige Formulierungen setzt sich dies weiter in den Köpfen fest, was den Stellenwert einer Mutter wiederum nicht gerade erhöht.

Feiert eure Mütter!

Doch kehren wir zurück zur Ausgangsfrage. Was verdient eine Mutter? Den Finanzaspekt dieser Frage haben wir betrachtet. Doch „verdienen“ hat noch eine andere Bedeutung. Und hier sind sich hoffentlich alle einig: Mütter verdienen Respekt, Anerkennung, Dankbarkeit und Liebe. Nicht nur die eigene Mutter, die man natürlich an diesem Sonntag besonders feiert und hochleben lässt. Aber auch den anderen Müttern wollen wir danken – denen, die jeden Tag all die oben aufgezählten Berufe ausüben, denen, die durch ihre Erziehung unsere Freunde zu den Menschen gemacht haben, die wir so lieben, und denen, die mit tiefen Schatten unter den Augen über ihr Baby sagen: „Wenn er mich so anlächelt, sind alle Strapazen vergessen.“

In diesem Sinne: Danke an alle Mamas – ihr seid grossartig!