Am ersten Tag der Passionswoche brennt Notre Dame in Paris. Hätte es ein Symbol geben können, das lauter schreit: „Kehrt um!“? Das Herz des Christentums ist getroffen.
Gastkommentar von Gabriele Kuby
Am ersten Tag der Passionswoche brennt Notre Dame in Paris. Hätte es ein Symbol geben können, das lauter schreit: „Kehrt um!“? Das Herz des Christentums ist getroffen. Jeder spürt es, selbst wenn er kein Katholik, kein Glaubender ist. Wohin sollen wir gehen mit der Not der Welt, mit unserer eigenen Not, wenn wir keine Kirchen mehr haben, wenn das Christentum zugrunde gerichtet ist und nur noch am Rande oder im Untergrund überlebt?
Die westliche Welt ist abgefallen vom Glauben. Immer mehr Kirchen werden geschlossen, immer mehr Kirchen fallen Vandalismus zum Opfer, besonders stark in Frankreich. Gott ist den Menschen gleichgültig geworden, schlimmer als das: Die Mächtigen tun alles, um die christliche Kultur zu zerstören, den Glauben auszuradieren aus den Herzen der Menschen und Christen ihrer Wirkungsmöglichkeiten zu berauben.
Es ist nicht nur der erste Tage der Passionswoche, es ist auch der Vorabend des Geburtstags von Papst Benedikt XVI. Wenige Stunden nach seiner Rücktrittserklärung am 11. Februar 2013, dem Gendenktag der heiligen Bernadette von Lourdes, zerriss ein Blitz den Himmel und schlug in die Spitze des Petersdomes ein – auch das ein Zeichen, das auf erschütternde Weise wahr geworden ist. Papa Emeritus hat am 11. April 2019 noch einmal das Wort ergriffen als Hirte, der seine Schafe nicht allein lässt und ihnen Licht und Orientierung gibt, damit sie an der Kirche nicht verzweifeln:
„Eine Gesellschaft, in der Gott abwesend ist – eine Gesellschaft, die ihn nicht kennt und als inexistent behandelt, ist eine Gesellschaft, die ihr Mass verliert. In unserer Gegenwart wurde das Stichwort vom Tod Gottes erfunden. Wenn Gott in einer Gesellschaft stirbt, wird sie frei, wurde uns versichert. In Wahrheit bedeutet das Sterben Gottes in einer Gesellschaft auch das Ende ihrer Freiheit, weil der Sinn stirbt, der Orientierung gibt. Und weil das Mass verschwindet, das uns die Richtung weist, indem es uns gut und böse zu unterscheiden lehrt.“
Deswegen brennt Notre Dame. Die Grundstrukturen der Kathedrale stehen noch. Die kirchlichen Strukturen in Europa stehen noch, aber sie sind nicht mehr gefüllt mit gläubigen Menschen, die niederknien vor der Eucharistie, die die barmherzige Vergebung Gottes in der Beichte erflehen, die noch wissen, was sie glauben und sich zu ihrem Glauben bekennen, die den schmalen Weg der Heiligkeit gehen. Sie haben dafür kaum mehr Vorbilder in ihren Hirten, sind allein gelassen und werden nicht angeleitet, die Wölfe im Schafspelz zu erkennen und sich nicht von ihnen verführen zu lassen. Hirten, wo seid ihr? Warum habt ihr solche Angst? Warum folgt ihr Jesus nicht nach? Warum liefert ihr die Herde den Wölfen aus?
Es heisst, die Dornenkrone sei aus den Flammen gerettet worden. Umkehr zu Gott bedeutet Zustimmung zu Opfer und Leid. Aber dieses Leid und diese Opfer sind die Bausteine, mit denen Notre Dame wiederaufgebaut wird. Der heilige Franziskus bekam von Jesus die Anweisung: „Baue meine Kirche wieder auf.“ Er nahm das wörtlich und begann San Damiano vor dem Verfall zu retten. Aber er tat viel mehr: Durch sein heiliges Leben erneuerte er die Kirche des gesamten Abendlandes.
Man werde Notre Dame wieder aufbauen, versichert Emmanuel Macron. Eine französische Familie wird dafür 100 Millionen spenden. Grossartig! Der eigentliche Aufbau geschieht durch Bekehrung, durch Rückkehr zum ganzen, gelebten Glauben. Jeder, in welcher Position er sich auch befinden mag, kann durch ein Leben im Wort Gottes zum Wiederaufbau von Notre Dame beitragen.
Bischöfe, seht das Fanal! Kardinal Marx, setzen Sie ein Zeichen, und streichen sie die synodale Anpassung an eine moralisch korrumpierte Welt. Verschwenden Sie nicht länger unsere Kirchensteuergelder zur Finanzierung von Organisationen, die sich katholisch nennen, aber mit Ihrer Billigung den Glauben zerstören.
Wir sind am Anfang der Passionswoche. Jesus sagt: „Und wenn jene Zeit nicht verkürzt würde, dann würde kein Mensch gerettet; doch um der Auserwählten willen wird jene Zeit verkürzt werden (Mt 24,22). Der Karfreitag wird uns nicht erspart bleiben. Aber wir wissen und glauben und haben in unserem eigenen Leben erfahren, dass danach die Auferstehung kommt. Lassen wir uns von der Freude über die Auferstehung unseres Herrn am kommen Ostersonntag bis auf den Grund unseres Herzens erfüllen, auf dass wir die Kraft haben mögen, standzuhalten am Fuss des Kreuzes.
Notre Dame, unsere Frau, unsere liebe Frau, Mutter unseres Herrn Jesus Christus, bitte für uns.
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Dieser Artikel erschien zuerst auf kath.net