Zum dritten Mal nach 2013 und 2017 haben die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) und die römisch-katholische Deutsche Bischofskonferenz gemeinsam einen Ökumenischen Bericht zur Religionsfreiheit weltweit vorgelegt. Er wurde von Wissenschaftlern und Experten aus kirchlichen Organisationen vorbereitet und trägt den Titel „Eine christliche Perspektive auf ein universelles Menschenrecht“. Der Bericht bilanziert den derzeitigen Stand der Verwirklichung und Verweigerung der Religionsfreiheit weltweit und richtet den Blick dabei in besonderer Weise auf die Christen und ihre Gemeinschaften.
Recht auf Religionsfreiheit für alle Menschen
Der Bericht betont den menschenrechtlichen Charakter der Religionsfreiheit, wie er bereits in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte (1948) und in mehreren rechtlich verbindlichen internationalen Konventionen zum Ausdruck gebracht worden ist. Daraus folgt: „Das Recht auf Religionsfreiheit gilt allen Menschen. Insofern beziehen wir Angehörige anderer Religionen ebenso ein wie auch Menschen, die keine Religion haben“, so die Auslandsbischöfin der EKD, Petra Bosse-Huber. Der ehemalige UN-Sonderberichterstatter für Religions- und Weltanschauungsfragen, Prof. Dr. Heiner Bielefeldt, ergänzte: „Als universale Rechte kommen die Menschenrechte allen Menschen gleichermassen zu.“
Gleichwohl sei es berechtigt, dass die Kirchen den Glaubensgeschwistern, deren Religionsfreiheit missachtet wird, besondere Aufmerksamkeit zuwendeten: „Wir als Kirchen in einem freien Land sehen es als unsere Glaubenspflicht, den diskriminierten und manchmal gar massiv verfolgten Christen zur Seite zu stehen. Ihr Leid bedrängt uns. Ihr Schicksal darf uns niemals gleichgültig sein“, erläuterte Bischof Dr. Bertram Meier, Vorsitzender der Kommission Weltkirche der Deutschen Bischofskonferenz.
Stimme der Kirche hörbar machen
Der 182 Seiten umfassende Ökumenische Bericht soll dazu dienen, die Stimme der Kirchen gegenüber der Politik und den internationalen Organisationen sowie in der akademischen und zivilgesellschaftlichen Welt besser hörbar zu machen. Gegenüber anderen Berichten, die von christlichen Organisationen, von Forschungsinstitutionen und UN-Organisationen veröffentlicht werden, zeichne sich der kirchliche Bericht aus Deutschland dadurch aus, dass er Zeugnisse und Informationen aus den Kirchen in anderen Teilen der Welt aufgreife und verarbeite. „Das Netz der Ökumene, das von der evangelischen Kirche gepflegt wird, und der weltkirchliche Austausch im katholischen Bereich sind dicht geknüpft. Gerade aus diesem Informationspool schöpft der Ökumenische Bericht“, so Bischof Meier.
Religionsfreiheit verbunden mit anderen Freiheitsrechten
Die in dem Bericht enthaltenen Analysen und Länderberichte zeigten: Die Religionsfreiheit stehe nicht unverbunden neben den anderen Freiheitsrechten. Wo beispielsweise Versammlungs- und Redefreiheit nicht geachtet würden oder das Prinzip gleicher Rechte für alle Staatsangehörigen zulasten einzelner Ethnien nicht gewährleistet sei, da werde regelmässig auch die Freiheit der Religion angetastet. Ein umfassender Ansatz der Verteidigung aller Menschenrechte wäre deshalb auch um der Religionsfreiheit willen geboten.
Religionsfreiheit muss sich auch in Deutschland bewähren
Darüber hinaus beschreibt der Ökumenische Bericht einige Spannungsfelder, in denen sich die Religionsfreiheit zu bewähren und zu konkretisieren habe. Bischöfin Bosse-Huber verdeutlichte den situativen Angang des Berichts am Beispiel der Migration: „Wie können Menschen, die auf der Flucht sind, überhaupt ihr Recht auf Religionsfreiheit ausüben? Wie schützen wir Menschen, die aus dem Iran zu uns geflohen sind, weil sie im christlichen Glauben ihre Freiheit gefunden haben, davor, dass sie zurückgeschickt werden und als Konvertiten in Lebensgefahr geraten?“ Und: „Wie können Arbeitsmigrantinnen (z.B. in den Golfstaaten), die häufig in ihren grossen Abhängigkeiten bis zu ausbeuterischen Arbeitszusammenhängen weitgehend unsichtbar bleiben, ihre Religion leben?“
Als Länderbeispiele für den Bericht wurden Äthiopien, Belarus, China, Dänemark, Deutschland, Eritrea, Indien, Israel und Palästina, Myanmar, Russland, Syrien und Irak sowie die Türkei ausgewählt. Hotspots der Repression gegen die Religionsfreiheit seien weiterhin die autoritär-repressiven Systeme, die dem Eigenleben der Religion ablehnend gegenüberstünden, sowie einige muslimische Länder. Doch zeigten die Fallbeispiele Dänemark und Deutschland, dass auch in Staaten, die freiheitlich ausgerichtet seien und ein hohes menschenrechtliches Schutzniveau aufwiesen, die Religionsfreiheit häufig missverstanden und ihr Charakter als Menschenrecht infrage gestellt werde.
Religionsfreiheit und Menschenwürde
Mitautor Patrick Roger Schnabel, Theologischer Referent bei der Bevollmächtigten des Rates der EKD, betonte den engen Bezug der Religionsfreiheit zur Menschenwürde: „Wo Menschen nicht mehr sagen und leben dürfen, was sie im Innersten trägt, geht der Gesellschaft ihre Menschlichkeit verloren. Darum müssen wir alle – gleich welcher Überzeugung – für die Freiheit aller eintreten, ihr Leben nach ihrem Glauben, ob transzendent oder immanent begründet, gestalten zu dürfen.“
Der 3. Ökumenische Bericht zur Religionsfreiheit weltweit 2023. Eine christliche Perspektive auf ein universelles Menschenrecht sowie weitere Informationen stehen zur Verfügung unter: www.ekd.de/religionsfreiheit2023
Quelle: APD