In Österreichs Schulen stehen Veränderungen bevor. Bildungsminister Christoph Wiederkehr sprach in einem ausführlichen Interview mit der „Kronen Zeitung“ über die drängendsten Herausforderungen im österreichischen Bildungssystem und kündigte eine Reihe von Reformen an. Besonderes Augenmerk legt er dabei auf die Verbesserung der Deutschkenntnisse von Schülern, die Einführung eines generellen Handyverbots an Schulen und die strengere Aufsicht für Islam-Lehrer.
Von M. Hikmat
Die Defizite in der deutschen Sprache bei Erstklässlern in Österreich sind alarmierend, ihre Deutschkenntnisse sind katastrophal. Fast die Hälfte der Wiener Erstklässler haben erhebliche Schwierigkeiten mit der deutschen Sprache. Besonders brisant ist die Tatsache, dass zwei Drittel dieser Kinder in Österreich geboren wurden und zuvor zwei Jahre den Kindergarten besucht haben. Doch anstatt mit soliden Sprachkenntnissen in die Schule zu starten, stossen viele bereits in der ersten Klasse auf massive Verständigungsprobleme. Die österreichische Regierung will nun entschlossen gegensteuern.
„Deutsch ist keine Option, sondern Pflicht“
Ein zentrales Anliegen Wiederkehrs ist die Sprachförderung. Dass so viele Kinder in Österreich kein Deutsch könnten, sei nicht akzeptabel. „Deutsch ist keine Option, sondern Pflicht“, betonte Wiederkehr. Zudem sollen Schulen künftig engere Kooperationen mit Kindergärten eingehen, um frühzeitig auf sprachliche Defizite zu reagieren. Diese umfassenden Reformen zielen darauf ab, die Bildungsqualität in Österreich zu steigern und den Herausforderungen eines multikulturellen Schulsystems gerecht zu werden.
In diesem Zusammenhang verteidigt Wiederkehr das geplante Aussetzen des Familiennachzugs. Er begründet den Schritt mit der hohen Zahl von Kindern aus Syrien und Afghanistan, die das Schulsystem überlastet hätten.
Ein weiteres Problem, das Lehrkräfte zunehmend beschäftigt, ist der erschreckende Mangel an grundlegenden Alltagskompetenzen. Es gibt zahlreiche Fälle, in denen Jugendliche nicht einmal die Uhr lesen können. Bildungsminister Wiederkehr sieht darin ein ernstes Versagen des bisherigen Bildungssystems. Österreich sei „bildungspolitisch zurückgefallen“.
Sanktionen für nicht kooperative Eltern
Neben den Reformen im Unterricht sollen auch die Eltern stärker in die Verantwortung genommen werden. Viele Lehrer beklagen sich darüber, dass manche Familien wenig Interesse an der schulischen Entwicklung ihrer Kinder zeigen. Besonders problematisch ist dies bei Kindern mit Sprachdefiziten, deren Eltern sich oft weigern, an Fördermassnahmen mitzuwirken.
Um dieses Problem zu lösen, plant die Regierung härtere Sanktionen. Eltern, die wiederholt nicht zu Elterngesprächen erscheinen oder nicht mit der Schule kooperieren, müssen in Zukunft mit spürbaren Konsequenzen rechnen. Dazu gehören verpflichtende Elterngespräche, Geldstrafen und im äussersten Fall sogar Kürzungen bei Sozialleistungen. Mit diesen Massnahmen will die Regierung sicherstellen, dass alle Kinder die bestmöglichen Voraussetzungen für ihren schulischen Erfolg erhalten.
Handyverbot in den Schulen
Ein weiteres Reformprojekt betrifft die Nutzung von Smartphones im Unterricht. In vielen Klassenzimmern berichten Lehrkräfte von massiven Störungen durch Handys. Ob heimliches Chatten, TikTok-Videos oder Ablenkung durch Social Media: Die ständige Nutzung von Smartphones erschwert den Unterricht erheblich. Um die Konzentration im Unterricht zu fördern, plant Wiederkehr ein weitreichendes Handyverbot – ähnlich wie in Frankreich. Dieses Verbot soll sowohl im Unterricht als auch in den Pausen gelten.
Strengere Aufsicht für Islam-Lehrer
Auch der islamische Religionsunterricht rückt in den Fokus. In der Vergangenheit gab es immer wieder Berichte über problematische und fragwürdige Inhalte, die in manchen Schulklassen vermittelt wurden. Deshalb plant die Regierung nun ein Kontrollsystem für Islam-Lehrer.
Neue Massnahmen sollen sicherstellen, dass der Religionsunterricht mit den Grundwerten der Demokratie und der österreichischen Verfassung übereinstimmt. Dazu gehören unter anderem regelmässige externe Kontrollen, strengere Ausbildungsvorschriften für Lehrer sowie eine Meldepflicht für verdächtige Unterrichtsinhalte.
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