An alle, die behaupten, die Burka sei ein Symbol der Freiheit für muslimische Frauen
Offener Brief von Amine Abdelmajide, freier Mitarbeiter von Zukunft CH
Die Gegner der Volksinitiative stellen die Burka als neutrales Kleidungsaccessoire ohne sinntragende Bedeutung dar. Auf der Grundlage dieser Unwahrheit entwickeln sie ihre Rhetorik und behaupten, die Entscheidung, die Burka zu tragen, sei nicht das Ergebnis irgendeines Zwanges, sondern stelle eine Freiheit dar, die man den muslimischen Frauen nehmen wolle. Von einem Instrument der Diskriminierung und der patriarchalischen Beherrschung der Frau sprechen sie, als sei es ein Mittel der Emanzipation und eine blosse Entscheidung für ein Kleidungsstück, die aus freien Stücken als Symbol der Würde der Muslimin getroffen wird.
Diese Art der Darstellung erlaubt es den Volksinitiative-Gegnern, ein positives Bild vom Tragen der Burka zu zeichnen, während dieser Gesichtsschleier Werte vermittelt, die gerade besonders diskriminierend für Frauen sind. Indem sie die wahre Botschaft des Schleiers vertuschen, verfälschen sie die Debatte und die rationale Analyse der Situation verschleierter Frauen völlig. Durch diese inkohärente Sichtweise der Dinge lenken die Burka-Befürworter die Debatte in eine völlig falsche Richtung. Sie gehen sogar soweit, die Personen, die sich für die Befreiung der muslimischen Frau von der patriarchalischen Beherrschung einsetzen, als islamophobe Freiheitsfeinde darzustellen, die nur ein einziges Ziel haben: den Islam zu diffamieren, die Muslime zu beschuldigen, Frauen zu unterdrücken, und muslimischen Frauen das Recht zu verweigern, ihre Religion frei auszuüben!
Um eine sachliche Debatte führen zu können, müssen wir zunächst die Grundsätze analysieren, die das Tragen des islamischen Schleiers rechtfertigen, und die Art und Weise, wie diese Grundsätze im Islam gelehrt werden. Führt man diese Analyse auf rationale und konsequente Weise durch, kommt man zu einem klaren Ergebnis: Die Burka wie auch alle anderen Formen des islamischen Schleiers sind lediglich die Folge einer diskriminierenden Sichtweise, die Frauen stigmatisiert. Im Islam wird den Gläubigen auferlegt, den unzüchtigen Teil ihres Körpers zu bedecken, um ihn vor den Blicken der anderen zu verbergen. Leider liegt genau in der Definition dieses unzüchtigen Teils die Stigmatisierung der Frauen. Die überwiegende Mehrheit der muslimischen Gelehrten, ob Sunniten oder Schiiten, stellt einen grundlegenden Unterschied zwischen Männern und Frauen fest. Während sich bei Männern der unzüchtige Teil auf den Bereich vom Nabel bis oberhalb der Knie beschränkt, umfasst er bei Frauen den ganzen Körper.
Dieser schwerwiegende Verstoss gegen den Grundsatz der Gleichberechtigung von Mann und Frau wird von diesen Gelehrten mit besonders diskriminierenden und stigmatisierenden Argumenten gegen Frauen begründet. Von frühester Kindheit an wird den Frauen beigebracht, ihr Körper sei allein durch seine Existenz eine Quelle grosser Probleme. Durch seine sexuelle Anziehungskraft kann der Körper der Frau den muslimischen Mann vom geraden Weg abbringen, den Allah ihm vorgeschrieben hat. Als Instrument der Begierde, Eifersucht und Entzweiung wird der weibliche Körper demnach als Quelle der Zwietracht innerhalb der muslimischen Gemeinschaft dargestellt. Von der Frau wird daher verlangt, diese Quelle des Übels um jeden Preis zu verhüllen. Darüber hinaus ist anzumerken, dass diese Sichtweise auch den muslimischen Mann stigmatisiert: Er wird als unfähig dargestellt, seinen Sexualtrieb zu beherrschen, als besässe er keinen Verstand, um seine Triebe zu kontrollieren.
Bei Frauen löst diese Sichtweise des Körpers starke Schuldgefühle aus. Stellen wir uns nur für einen Moment das Schuldgefühl vor, das ein kleines Mädchen empfindet, wenn sie die Vorschriften der Lehre befolgt, die den islamischen Schleier rechtfertigen. Dabei ist zu beachten, dass zwischen den verschiedenen Formen der islamischen Verschleierung kein grundlegender Unterschied besteht, sondern nur ein gradueller. Ob es nun der Hidschab, Niqab, Tschador oder die Burka ist, die Grundprinzipien in der Erziehung der kleinen Mädchen bleiben dieselben. Der Inhalt dieser Lehre ist unvereinbar mit der Freiheit der Frau und dem Prinzip der Gleichheit zwischen Mann und Frau. Grundsätzlich verbieten unsere Gesetze jede Form der Lehre, die zur Diskriminierung einer Gruppe von Menschen allein aufgrund ihres Geschlechts aufruft.
Die legitime Frage, die sich jedem gerechtigkeitsliebenden Bürger stellt: Wie stehen unsere Behörden dazu? Egal, ob es sich um politische Behörden, Hochschulkreise oder die Medien handelt, ihr Schweigen angesichts dieser schädlichen Indoktrination, die ungestraft vonstatten geht, macht uns betroffen. Jeder, der sich für dieses Thema interessiert, kann beobachten, dass diese Erziehung sowohl in den Moscheen als auch in den Koranschulen innerhalb der Moscheen, aber auch in den sozialen Netzwerken und in der religiösen Literatur für Kinder vermittelt wird. Es ist ganz offensichtlich, dass diese Lehre, ohne das geringste Eingreifen unserer Behörden, in grossem Umfang unter den Muslimen verbreitet wird.
Im Rahmen der Debatte über die Volksinitiative vom 7. März 2021 erwarten wir eine Antwort auf die berechtigten Fragen, die das Tragen der Burka aufwirft. Falls keine Antwort gegeben wird, wäre dies der quasi mathematische Beweis dafür, dass die Position der Gegner des Verhüllungsverbots nicht auf einer rationalen Analyse beruht, da sie die wahren Probleme verschleiert. Eine solche Haltung würde eine sachliche, transparente Debatte ohne Tabus unmöglich machen.
Das Video “Was ist die Burka?” finden Sie hier: Burka-Video
Das Infoblatt zur Burka finden Sie hier: Burka-Infoblatt