Der Präsident der Mitte, Gerhard Pfister, fordert eine einseitige Schutzklausel, um die Zuwanderung zu drosseln. Diese Aussage kommt einem politischen „Tabubruch“ gleich, zumal sie aus der politischen Mitte kommt.
Von Ralph Studer
Unlängst äusserte sich Gerhard Pfister kritisch zur hohen Einwanderung in der Schweiz. Er will deshalb im Verhältnis zur EU eine einseitige Schutzklausel zu Gunsten der Schweiz einführen. Diese soll die Schweiz immer dann anwenden können, wenn die Zuwanderung einen gewissen Schwellenwert überschreitet. Nach Pfister ist diese Schutzklausel wie folgt auszugestalten: „Wenn die Zuwanderung in die Schweiz deutlich grösser ist als im Durchschnitt der EU-Staaten, könnte die Schweiz Massnahmen zur Steuerung erlassen.“ Denkbar seien bei der Umsetzung „Höchstzahlen“ und „Kontingente“ oder auch ein „verbindlicher Inländervorrang“.
Einwanderung gefährde Zusammenhalt
„Gesellschaftlich“, so Pfister, „stellt sie [die Zuwanderung] die Kohäsion in unserem Land und das Heimatgefühl breiter Schichten infrage. Die Schweiz darf kein zweites Monaco werden. Auch wenn die Wohnungsknappheit viele Ursachen hat: Die Zuwanderung trägt ebenfalls dazu bei, dass junge Familien Mühe haben, erschwinglichen Wohnraum zu finden. Das stiftet Unfrieden und Neid.“
FDP wirft Pfister „Wortbruch“ vor
Bis anhin kamen keine kritischen Aussagen aus der bürgerlichen Mitte zur Einwanderung und Personenfreizügigkeit, geschweige denn wurden diese in Frage gestellt. Die politische Antwort der FDP auf Pfisters Forderung liess nicht lange auf sich warten. Ständerat Andrea Caroni warf Pfister Wortbruch vor. Mit seiner Forderung riskiere er die Freizügigkeit und setze die bilateralen Verträge aufs Spiel. „Pfister rechnet mit Verständnis der EU für allfällige Einschränkungen bei der Personenfreizügigkeit“, resümiert Caroni. „Sein Vorschlag funktioniert nicht, und die FDP wird dafür nicht Hand bieten“, sagte der Ausserrhoder Ständerat.
In einer politisch „heissen“ Phase
Pfisters Aussagen kommen in einer politisch „heissen“ Phase. Während die Verhandlungen mit der EU bezüglich „Rahmenabkommen 2.0“ laufen, hat die SVP im April 2024 ihre zustande gekommene „Nachhaltigkeits-Initiative“ bei der Bundeskanzlei eingereicht. Diese fordert u.a., dass die ständige Wohnbevölkerung der Schweiz zehn Millionen bis 2050 keinesfalls überschreiten darf und die Schweiz diesfalls die bevölkerungstreibenden internationalen Verträge kündigen muss.
Welche Auswirkungen Pfisters Forderung nach einer „einseitigen Schutzklausel“ bei einem möglichen Rahmenabkommen 2.0 innen- und aussenpolitisch hat, wird sich in den kommenden Wochen und Monaten zeigen.