„Wohlfeil, überflüssig, problematisch.“ Mit diesen Worten reagiert der Familienbund der Katholiken auf den von Bundesjustizministerin Christine Lambrecht vorgelegten Gesetzentwurf für eine geplante Aufnahme von Sondergrundrechten für Kinder ins Grundgesetzt, über den die Süddeutsche Zeitung am 26. November 2019 berichtete.
Danach sollen Kinder einen Anspruch auf „Förderung ihrer Grundrechte“ erhalten. „Entgegen aller anderslautenden Beteuerungen: Der Gesetzentwurf hat das Potenzial, in das Erziehungsrecht der Eltern einzugreifen und damit das austarierte Dreiecksverhältnis von Eltern, Kind und Staat grundlegend zu gefährden“, erklärte Familienbund-Präsident Ulrich Hoffmann in Berlin. „Der Gesetzentwurf ist paradox und fragwürdig. Das Vorhaben versucht die Quadratur des Kreises. Einerseits sollen bereits bestehende Kinderrechte in der Verfassung sichtbar werden, andererseits soll sich an der Erstverantwortung der Eltern für ihre Kinder und dem Verhältnis von Staat und Familie nichts ändern. Der Anspruch wird sich wohl kaum mit der Rechtspraxis in Deckung bringen lassen. Denn jedes neu in die Verfassung aufgenommene Wort eröffnet für das Bundesverfassungsgericht Interpretationsspielräume, deren künftige Auslegung heute niemand absehen kann. Die geplante Verfassungsänderung will ein harmloses Placebo sein, hält aber für Familien zahlreiche Nebenwirkungen bereit. Wenn selbst die Reformer bei Prüfung der heutigen Rechtlage einräumen, dass eigentlich nichts geändert werden müsse, warum bleiben wir dann nicht beim heutigen Stand? Durch eine Verfassungsänderung können Familien viel verlieren, aber nichts gewinnen.“
Hoffmann erklärte weiter: „Eine pauschale Regelung durch die Verfassung mit dem Anspruch, Kinder in unserer Gesellschaft aufzuwerten, wird dem komplexen und heiklen Dreiecksverhältnis von Eltern, Kindern und Staat nicht gerecht. Sie schadet dem Eltern-Kind-Verhältnis und den Kindern. Wer davon träumt, beim Kindeswohl endlich den Gordischen Knoten zu zerschlagen, muss sich im Klaren sein, dass solch ein verfassungsrechtlicher Rundumschlag vieles kaputt machen wird. Seriöse Politik setzt auf zielgenaue, demokratisch diskutierte und konsequent umgesetzte Einzelschritte.“
Hoffmann sieht durch den Gesetzgebungsvorschlag trotz aller anderslautenden Beteuerungen der Befürworter Elternrechte gefährdet: „Dass die vorgeschlagene Formulierung nicht in das Erziehungsrecht der Eltern eingreifen würde, überzeugt nicht. Bereits dadurch, dass die neuen Kinderrechte als Absatz 1a vor dem Erziehungsrecht der Eltern in Absatz 2 stehen sollen, werden sie zum verfassungsrechtlichen Gegenspieler des Elternrechts. Der Anspruch des Kindes auf Förderung, der neben den bestehenden Anspruch der Familien auf staatliche Förderung treten soll, wird den Staat ermächtigen, stärker und früher als bisher in die Familien einzugreifen.“
Fragwürdig bleibt aus Hoffmanns Sicht auch die Formulierung zum „Anspruch auf rechtliches Gehör“ des Kindes: „Der in der vorliegenden Fassung alle Verwaltungs-, Gerichts- und Gesetzgebungsverfahren betreffende Anspruch des Kindes auf rechtliches Gehör lässt ebenfalls das Verhältnis zum Elternrecht offen. In welchen Fällen und in welcher Weise Kinder zur Förderung des Kindeswohls angehört werden sollten, ob unmittelbar oder vertreten durch ihre Eltern, muss für jeden Einzelbereich separat diskutiert werden.“