Mehr als eine Milliarde Moslems begehen jährlich ihren Fastenmonat Ramadan, dieses Jahr vom 23. April bis zum 23. Mai 2020. In dieser Zeit, in der des Offenbarens des Korans gedacht wird, stellen Fasten und Beten zentrale Elemente dar. Jedoch muss alles nach äusserst strengen Regeln erfolgen.
Im 20. Jahrhundert wurde das Ramadanfasten in den meisten islamischen Ländern nur mehr wenig beachtet. Mit der Re-Islamisierung in den letzten Jahrzehnten entwickelte es sich aber zu einem von deren wirksamsten Instrumenten. So war es in Ägypten während der Islamisierungswelle unter Präsident Anwar as-Sadat zu den späten 1970er-Jahren auch Nichtmoslems und sogar Ausländern verboten, öffentlich zu speisen oder zumindest dabei Wein und andere alkoholische Getränke zu konsumieren. Heute soll gerade in der europäischen Moslemdiaspora im Ramadan islamische Präsenz und Dominanz gezeigt werden. Seine Einhaltung wird mit der Forderung verbunden, dass z.B. an öffentlichen Schulen die Christen, Juden oder Konfessionslosen im Ramadan in Anwesenheit von Moslems keine Mahlzeit verzehren dürfen.
Für das Beten gelten strenge Regeln. Nicht nur die Anzahl der Gebete muss stimmen, auch die Gebetsrichtung muss zwingend beachtet werden. Diese muss nach Mekka ausgerichtet sein. Doch war das nicht immer so. In der Anfangszeit des Islam beteten die ersten Muslime in Richtung Jerusalem, weshalb Jerusalem noch heute „erste Gebetsrichtung“ genannt wird. Ungefähr 16 Monate nach der Auswanderung Mohammeds und seiner Anhänger in die Stadt Medina wurde die Gebetsrichtung jedoch nach Mekka in Richtung der Kaaba geändert.
Überlieferungen zufolge geschah die Änderung sehr plötzlich. Während des Nachmittagsgebets erhielt Mohammed die „Offenbarung“ des heutigen Koranverses 2:144, der ihn anwies: „Wende dich mit dem Gesicht in Richtung der heiligen Kultstätte [in Mekka]“. Da er sich mitten im Gemeinschaftsritualgebet befand, stand er auf und ging ans andere Ende der Gemeinschaft, worauf sich alle Personen um ca. 160 Grad umdrehen mussten. Die Moschee bei Medina, in der die Änderung der Gebetsrichtung stattfand, wird als „Moschee der beiden Gebetsrichtungen“ bezeichnet.
Die Ausrichtung nach Mekka spielt im Islam nicht nur beim Gebet eine Rolle, sondern hat auch in anderen Lebensbereichen eine wichtige Bedeutung. So wird beispielsweise das islamische Schächten in der gleichen Richtung wie das Gebet durchgeführt. Auch beim Bau von Toiletten wird darauf geachtet, dass sie nicht in Gebetsrichtung erfolgen.