Die Diskussionen über die Anerkennung oder Gründung eines palästinensischen Staates nach dem Angriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober haben auch das Schweizer Parlament erreicht. Sie senden eine beunruhigende Botschaft an die Palästinenser, indem sie implizieren, dass Terrorismus lohnend und hilfreich sein kann, um ihre Ziele zu erreichen.

Von Gerardo Raffa

Die Debatte wurde lanciert von SP-Nationalrat Fabian Molina, der im März ein Postulat mit dem netten Titel „Zwei souveräne Staaten, Israel und Palästina, als Grundlage für einen dauerhaften und gerechten Frieden“ eingereicht hatte. Molina verlangte in seinem Vorstoss unter anderem, der Nationalrat solle „unter der Bedingung der Freilassung der von der Hamas am 7. Oktober 2023 entführten israelischen Geiseln Palästina auf den Grenzen von 1967 als Staat anerkennen“.

Die Hamas ist schon happy

Die palästinensische radikal-islamistische Terrororganisation Hamas wird sich gefreut haben, Herr Molinas Worte zu hören. Am 7. Oktober 2023 führte sie einen brutalen Terrorangriff auf Israel durch, wobei mehr als 1200 israelische Menschen ermordet, vergewaltigt und massakriert und rund 240 als Geiseln genommen wurden. Und jetzt im Juni 2024, quasi als Belohnung, möchten die links-grünen Parlamentarier den Palästinensern einen Staat schenken. Die Hamas hatte bereits die kürzliche Entscheidung Irlands, Norwegens und Spaniens, einen palästinensischen Staat anzuerkennen, als Erfolg für sich verbucht.

Die Anerkennung eines palästinensischen Staates würde sowohl die korrupte Palästinensische Autonomiebehörde als auch die Hamas, die das Existenzrecht Israels ablehnen und es durch einen islamistischen Staat ersetzen wollen, stärken und gleichzeitig die gemässigten Palästinenser, die eine friedliche Lösung mit Israel anstreben, schwächen.

Die Schweizer Sozialdemokraten und die Grünen, die am 4. Juni 2024 einstimmig dem Postulat von Molina für die Gründung eines palästinensischen Staates zugestimmt haben, ignorieren wichtige Aspekte.

Ein palästinensischer Staat würde zurzeit höchstwahrscheinlich von der islamistischen Terrororganisation Hamas kontrolliert werden. Meinungsumfragen, die sowohl vor als auch nach dem Massaker vom 7. Oktober durchgeführt wurden, zeigen, dass eine Mehrheit der Palästinenser die Hamas der von der Fatah geführten Palästinensischen Autonomiebehörde vorzieht. Umfragen zeigen auch, dass eine Mehrheit der Palästinenser den „bewaffneten Kampf“ gegen Israel unterstützt, was die Unterstützung für den Dschihad der Hamas vom 7. Oktober und darüber hinaus widerspiegelt.

Ausserdem würde ein solcher Staat als Ausgangspunkt für weitere Terroranschläge gegen Israel dienen. Bis zum 6. Oktober war der von der Hamas regierte Gazastreifen im Wesentlichen ein eigener, souveräner Staat. Nachdem die Hamas 2007 die Kontrolle übernommen hatte, nutzte sie den Gazastreifen, um Raketen zu produzieren, ein riesiges Netz von Terrortunneln zu bauen und Waffen aus Ägypten zu schmuggeln.

Keine Wahlen seit fast 20 Jahren

Die Erfahrungen der letzten 30 Jahre haben gezeigt, dass sich ein palästinensischer Staat in Bezug auf Menschenrechtsverletzungen, Korruption und mangelnde Demokratie nicht von den meisten anderen arabischen Diktaturen unterscheiden würde.

Die Palästinenser haben unter der Autonomiebehörde und der Hamas weder Redefreiheit noch ein funktionierendes Parlament noch freie Medien. Die letzten Präsidentschaftswahlen fanden 2005 statt, als Mahmoud Abbas für eine vierjährige Amtszeit gewählt wurde, also vor fast 20 Jahren!

Die Palästinenser brauchen sicher keinen weiteren korrupten und autoritären Staat, der von Führern und Terroristen geleitet wird, die ihnen seit langem die internationale Hilfe vorenthalten und sie von einer Katastrophe in die nächste geführt haben. Glücklicherweise hat eine Mehrheit im Schweizer Parlament diesen links-grünen Vorstoss mit 131 zu 61 Stimmen abgelehnt.

Gerardo Raffa ist Redaktionsleiter bei Audiatur-Online und Geschäftsführer der Audiatur-Stiftung. Veröffentlichung mit freundlicher Genehmigung von audiatur-online.ch