Wie das deutsche Ärzteblatt vom 5. Dezember 2019 berichtet, gehören Cybermobbing und sexuelle Übergriffe zum Alltag vieler Jugendlichen in Deutschland.
„Die Formen der sexuellen Gewalt unter Jugendlichen gehen in dieselbe Richtung wie bei Erwachsenen: Beleidigungen, Diskriminierungen, Antatschen, versuchte Nötigung oder Vergewaltigung“, sagte Andrea Buskotte von der Landesstelle Jugendschutz in Niedersachsen. Mittlerweile wird mehr zu diesem Thema geforscht. „Wir wissen, dass knapp die Hälfte der Jugendlichen Erfahrungen mit sexueller Gewalt hat“, sagt Buskotte.
Die Unterschiede zum „direkten“ Mobbing:
- Cybermobbing findet häufig rund um die Uhr statt und endet nicht nach der Schule oder nach der Arbeit.
- Das Ausmass ist nur schlecht kontrollierbar → das Publikum ist unüberschaubar gross/ Daten lassen sich leicht kopieren und vervielfältigen (Das Internet vergisst nicht!).
- Internet und Handy ermöglichen den Tätern Anonymität/ „Cyber-bullies“ bauen sich häufig eine andere Identität auf.
„Fest steht, dass sexualisierte Gewalt unter Jugendlichen in allen sozialen Schichten vorkommt. Und dass viele junge Menschen grosse Probleme damit haben“, sagt Buskotte. Diese Art von Übergriffen mache Stress, verunsichere und könne Anlass für Mobbing sein.
Ein Problem: Die Kommunikation von Jugendlichen in den sozialen Netzwerken sei schwer zu greifen und liege ausserhalb des Radars von Pädagogen oder Eltern. Erotische Fotos oder Botschaften würden etwa verschickt, die dann der Ex-Partner frei benutzen könne.
Ab dem elften und zwölften Lebensjahr steigen demnach die Erfahrungen mit sexueller Gewalt sprunghaft an. Dabei seien die fünf häufigsten Risikoorte die Schule, das Internet, der öffentliche Raum, Partys in einer anderen Wohnung oder Zuhause. Nach Angaben von Betroffenen geht die sexuelle Gewalt zu knapp 75 Prozent von Zwölf- bis 18-Jährigen aus. Weil diese Erfahrungen so alltäglich seien, glauben viele Jugendlich, dass diese normal sind.
Psychische Folgen von sexueller Gewalt
Die grundlegende Missachtung des Willens des missbrauchten Kindes und die Verletzung seiner Integrität konfrontieren das Kind mit Gefühlen der Hilflosigkeit und des Ausgeliefertseins. Auch in seinem Selbstvertrauen wird es zutiefst geschädigt, wenn es die Gefühle der Scham, der Schuld und der Wertlosigkeit verinnerlicht.
Eine Gewichtung der einzelnen Faktoren lässt sich kaum vornehmen. Fest steht: der Missbrauch ist ein häufig traumatisches und damit lebensbestimmendes Ereignis. Jedes Kind entwickelt entsprechend seiner Persönlichkeit und der Missbrauchssituation individuelle Reaktionen und Symptome. Die meisten Mädchen und Jungen, die missbraucht werden, fühlen sich schuldig und wertlos. Auch Schuldgefühle, ein extrem niedriges Selbstwertgefühl und Selbstbestrafungstendenzen sind die Folgen. Ebenso Suchtprobleme (Alkohol und Drogen), Essstörungen sowie Identitätsstörungen (Borderline-Syndrom) treten auf.
Quelle: Aktion Kinder in Gefahr