Die diesjährige Fastenzeit beginnt am 22. Februar 2023 mit dem Aschermittwoch und endet am Ostersonntag, dem 9. April 2023. Traditionell laden Kirchgemeinden, Bistümer oder kirchliche Vereine in dieser Zeit dazu ein, die knapp sieben Wochen unter ein Motto zu stellen oder in diesen Wochen bewusst auf etwas zu verzichten. Doch muss es immer gleich eine grosse Aktion für sieben Wochen sein?
Von Ursula Baumgartner
Beim Stichwort „Fastenzeit“ denken viele Menschen an Verzicht auf Schokolade, Alkohol, Kaffee oder Fleisch. Auch der bereits wieder in den Hintergrund gerückte Neujahrsvorsatz, mehr Sport zu treiben oder die Bildschirmzeit zu reduzieren, wird zu Beginn der 40 Tage im Frühjahr gerne wieder hervorgeholt, abgestaubt und erneut angegangen. Doch auch in Februar und März ist das Einhalten von Vorsätzen nicht leichter als Anfang Januar. Warum sich also nicht einmal mehrere kleine und gut durchführbare Vorsätze nehmen?
Verzicht auf das, was wirklich schadet, …
„Warum treibe ich weniger Sport, als gut für mich wäre?“ „Warum esse ich mehr Süssigkeiten, als ich eigentlich will?“ „Warum brauche ich mein Feierabendbier?“ „Warum surfe ich stundenlang im Internet?“ Die Antworten auf solche Fragen offenbaren oft eine Schieflage im eigenen Leben, z.B. Überforderung im Beruf, Unzufriedenheit in der Partnerschaft, eine nicht eingestandene Traurigkeit, eine wie auch immer begründete innere Leere. Eingefahrene Gewohnheit nun von einem Tag auf den anderen zu ändern, ist schwierig, um nicht zu sagen unmöglich, v.a. wenn sie zu einer Art „Ersatzbefriedigung“ geworden sind. Doch die Bekämpfung der wirklichen Schieflagen – wenn sie nicht gerade krankhafte Ausmasse haben – kann mit kleinen Schritten gelingen, auch und gerade im Zusammenhang mit der Fastenzeit.
… um zu gewinnen, was wirklich trägt
„Ich habe in der Fastenzeit 2023 …
… sieben Mal zum Telefon gegriffen und Freunde angerufen, von denen ich schon monatelang nichts mehr gehört hatte.
… sieben Mal meiner Frau Frühstück gemacht.
… sieben Mal einem Bettler etwas zu essen gekauft.
… sieben Mal freiwillig das Geschirr gespült.
… sieben Mal einen Abend lang zu einem Buch gegriffen statt zum Smartphone.
… sieben Mal ein neues Rezept mit mehr Gemüse ausprobiert.
… sieben Mal …“
So könnte eine zufriedene und konstruktive Bilanz der Fastenzeit aussehen, die in den Rest des Jahres und im Idealfall sogar in den Rest des Lebens hineinwirkt. Denn während eines lebhaften und interessanten Telefonats mit einem alten Freund vermisst man das Surfen im Internet sehr schnell gar nicht mehr – und wenn sie zum fünften Mal Frühstück bekommt, verzeiht die Frau auch, dass der Mann immer vergisst, den Mülleimer zu leeren.
Und was steht bei Ihnen beim siebten Mal „sieben Mal“?