In Dänemark und Island werden kaum Babys mit Down-Syndrom geboren. Was zunächst wie ein medizinischer Durchbruch klingt, ist jedoch quasi Folge eines Selektionsprozesses: Wenn bei einem Ungeborenen Trisomie 21 diagnostiziert wird, wird es häufig abgetrieben, auch in fortgeschrittenen Stadien der Schwangerschaft. Eine ähnliche Entwicklung gibt es hierzulande.
Das Down-Syndrom zählt zu den vorgeburtlich feststellbaren Erkrankungen, mit denen Betroffene oftmals gut und glücklich leben können, auch wenn sie meist lebenslang auf Unterstützung angewiesen sind. Anders sieht es aus, wenn dem Kind eine schwere Missbildung oder aufgrund massiver Einschränkungen eine nur sehr kurze Lebensdauer bescheinigt wird.
Erhalten werdende Eltern solche Diagnosen für ihr Kind, stellt sich ihnen nicht selten die Frage, ob sie die Schwangerschaft fortführen wollen oder nicht. Das Schweizer Recht erlaubt Abtreibung nach der zwölften Schwangerschaftswoche unter der Bedingung, dass sie der Schwangeren die Gefahr einer „schwerwiegenden körperlichen Schädigung“ oder einer „schweren seelischen Notlage“ erspart. In der Schweiz wurde im Jahr 2020 gut 500 Mal eine solche Spätabtreibung durchgeführt. Da das Kind zu diesem Zeitpunkt schon zu gross ist für die bis zur zwölften Woche übliche Absaugungsmethode, erhalten die Frauen meist hormonbasierte Medikamente, die zunächst die Versorgung des Ungeborenen unterbinden und dann Wehen auslösen und so zu einer frühen Geburt führen. Um zu verhindern, dass gerade bei einer weiter fortgeschrittenen Schwangerschaft die Kinder lebend geboren werden, setzt man zusätzlich häufig den sogenannten Fetozid ein. Hierbei wird dem Kind eine Kaliumchloridlösung ins Herz injiziert, was einen Herzstillstand auslöst.
Was den „Horror der Spätabtreibungen“ ausmacht, was Ärzte und Hebammen dabei erleben und wie es sie belastet, wie sich verschiedene Politiker dazu positionieren und was passiert, wenn ein Kind eine Abtreibung überlebt, darüber berichtet der Nebelspalter in einem Artikel vom 20. Januar 2022, der eine ganze Bandbreite von Fragen zum Thema aufwirft, so beispielsweise zu den Gründen, warum eine Spätabtreibung letzten Endes stattfindet.
Fraglich bleibt auch, ob die vorgeburtliche Kindstötung einer schweren seelischen Notlage abhelfen kann oder ob es nicht eine weitere grosse seelische Belastung für eine Frau bedeutet, wenn sie ein totes Kind gebären oder den Tod ihres Neugeborenen mitbekommt und sich mit körperlichen Folgen wie z.B. Milchbildung auseinandersetzen muss.
SVP-Nationalrätin Yvette Estermann forderte bereits 2020 in einem Vorstoss Massnahmen, um die Zahl der Spätabtreibungen zu reduzieren. Der Bundesrat empfahl die Motion jedoch zur Ablehnung. Der Vorstoss ist aktuell immer noch im Parlament hängig. (Zukunft CH berichtete darüber: Spätabtreibungen reduzieren).
Zum Artikel des Nebelspalters: Der Horror der Spätabtreibungen