„Frauen sind keine Gebärmaschinen“, skandierten die 68er. Doch damit ist nun Schluss. Das neue Motto heisst „Kinder für alle“ und auf dem Weg dahin scheint fast jedes Mittel recht. Auch das Schweizer Fernsehen nutzt Sendungen als Werbeplattformen für sexuelle Vielfalt und Regenbogenfamilien.
Von Regula Lehmann
In der jüngsten Ausgabe der Sendung „Sternstunde Religion – Streitfrage Leihmutterschaft“ sollte kontrovers debattiert werden. Tatsächlich präsentierte SRF jedoch eine Gesprächsrunde, die vielfältige Familienformen in ein nahezu ausnahmslos positives Licht rückte. Das „Rezept“ hinter dem Drehbuch ist für geübte Augen durchschaubar: Man nehme eine ehemals kritische eingestellte Medizin-Ethnologin, die unterdessen eine differenziert-zustimmende Haltung vertritt. Dazu mischt man eine Politikwissenschaftlerin und Autorin, die sich für Frauenrechte bzw. LGBTQ-Interessen stark macht und ergänzt das Ganze mit einer Vorzeigeperson aus dem Lager der Betroffenen – in diesem Fall mit einem Vater, der zusammen mit seinem Mann drei Kinder aus Leihmutterschaft hat und beteuert, wie überaus einvernehmlich und ethisch er zu diesen gekommen ist. Damit die Runde nicht allzu einseitig ausfiel, durfte eine Ethikerin und Theologin kritische Positionen und Argumente einbringen und die Moderatorin präsentiert via Monitor einige kritische Statements.
Dass solche Sendungen dem Anspruch einer ausreichend kontroversen und ausgewogenen Debatte nicht gerecht werden können, liegt auf der Hand: Betroffene wecken bei Zuschauern ein Vielfaches mehr an Empathie, als es jede noch so versierte Fachperson je fertigbringen könnte. Dem emotionalen Argument der Betroffenheit ist nur schwer etwas entgegenzuhalten. Wäre man tatsächlich an einer ausgewogenen Sendung interessiert, müssten deshalb fairerweise immer Betroffene beider Seiten eingeladen werden (in diesem Fall z.B. homosexuell empfindende Paare, die sich aus dem Bewusstsein des Kindeswohls entschieden haben, keine Kinder aufzuziehen). Zudem hätte auch – zusätzlich zur Ethikerin – eine zweite Person aus dem Bereich der Leihmutterschaftskritiker präsentiert werden müssen, die klar das Kindeswohl hätte vertreten müssen. Beispielsweise ein „Anwalt“, der für das Recht des Kindes plädiert, bei seinen leiblichen Eltern und in der erweiterten Herkunftsfamilie aufzuwachsen. Oder eine Frau, die zugunsten des Kindes- und Frauenschutzes darauf verzichtet hat, sich über Leihmutterschaft ein Kind zu besorgen. Oder eine Person, die darunter leidet, durch Leihmutterschaft entstanden zu sein. Diese gibt es nämlich durchaus. Einfach zu finden dürften diese Personen jedoch bald nicht mehr sein. Zu gross ist inzwischen die Gefahr eines nachfolgenden Shitstorms, wenn man sich allzu sehr für eine Position entgegen dem allgemeinen Trend positioniert. Sollten sich die Settings, also die Zusammenstellungen der Gäste, jedoch weiter stark in die bereits eingeschlagene Richtung bewegen, setzt sich diese bedenkliche Entwicklung wohl weiter fort – und es dürfte es zunehmend schwieriger werden, überhaupt noch kritische Stimmen in die Sendung zu bekommen.
Das mag für einen Privatsender vielleicht kein Problem darstellen, solange die Zuschauerquoten am Ende stimmen. Für einen öffentlich-rechtlichen Sender wie SRF, der vom Staat beauftragt ist, weitgehend staatlich finanziert wird und einen Informationsauftrag hat, dürfte dies jedoch eine äusserst fragwürdige Ausgangslage sein.