Macht der Glaube einen Unterschied? Ja, Christen, die eine Verbindung zwischen Theologie, Spiritualität und Gerechtigkeit sowie Nachhaltigkeit herstellen können, verhalten sich nachhaltiger. Das ist das Resultat einer erstmals durchgeführten Studie zu sozialer Gerechtigkeit und ökologischer Nachhaltigkeit (Ge-Na-Studie) unter der soziologischen Zielgruppe von mehr als 2500 religiösen und hochreligiösen Menschen in Deutschland und der Schweiz. Die Studie wurde an der Konferenz zum 20. Jubiläum der Sensibilisierungskampagne „StopArmut“ in Biel mit über 300 Teilnehmern offen diskutiert, schreibt die Schweizerische Evangelische Allianz (SEA) in einer Medienmitteilung.

Matthieu Dobler Paganoni, Hauptverantwortlicher der StopArmut-Konferenz, zeigte sich über die Ergebnisse der Studie positiv überrascht: „Ich habe nicht direkt mit einer so hohen Zustimmung gerechnet, dass der Glaube zum Einsatz für Gerechtigkeit und Nachhaltigkeit motiviert.“ Nationalratspräsident Eric Nussbaumer führte in seinem Eröffnungsreferat aus: „Die Studie zeigt, dass viele der sozialen Gerechtigkeit eine hohe Bedeutung beimessen. Der Glaube ermutigt sie, sich für soziale Gerechtigkeit einzusetzen. Dennoch räumt eine Mehrheit ein, sich im Alltag nicht immer entsprechend zu verhalten. Auch beim Thema Nachhaltigkeit zeigt sich dieser Zwiespalt.“

Nussbaumer wies darauf hin, dass die Lücke zwischen Wissen und Handeln durch rechtliche Vorgaben und finanzielle Anreize teilweise behoben werden kann. Doch geschehe bisher wenig: „Unsere Konsumgewohnheiten spielen hier eine Rolle. Es braucht Energie und Willenskraft, etwas dagegen zu unternehmen.“ Der „Knowledge-Action-Gap“ (Umsetzungslücke zwischen Wissen und Handeln) mache ihm aber auch Hoffnung, so Nussbaumer: „Eine Lücke, die erkannt wird, kann auch geschlossen werden. An gutem Willen mangelt es nicht, wie die Umfrage gezeigt hat. Ich hoffe, dass die Studie hilft, die Lücke zu schliessen – damit die Diskrepanz zwischen Wissen und Handeln verschwindet.“

Individuelles Verhalten wichtiger als gesellschaftliches Engagement

Der christliche Glaube ist ein Motivationsfaktor für den Einsatz für soziale Gerechtigkeit. Die beiden Fragen „Ermutigt dich der christliche Glaube, dich für soziale Gerechtigkeit einzusetzen?“ und „Soll sich die Kirche für Nachhaltigkeit einsetzen?“ ergaben 90 Prozent und mehr Zustimmung.

Der Klimawandel, Wetterextreme und die Frage nach der Zukunft beschäftigen auch die Kirchen. Was die 17 UN-Nachhaltigkeitsziele „Sustainable Development Goals“ (SDG) betrifft, sind sie bei rund der Hälfte der Studienteilnehmern bekannt. Ein Drittel hat nicht nur davon gehört, sondern könnte sie auch anderen erklären. Gemäss Tobias Faix, Leiter der Ge-Na-Studie und Professor für praktische Theologie, ist das ein sehr hoher Wert: „Er liegt weit über dem Vergleichswert der Schweizer Bevölkerung.“

Machen sich Christen Sorgen um den Klimawandel? Ja und nein, die Sorgen sind mittelmässig gross. Dazu Faix: „Entweder nimmt der Glaube die Sorgen ab oder aber es besteht eher wenig Interesse an der Problematik, weshalb man sich auch weniger darum sorgt. Überraschend ist, dass es keinen signifikanten Zusammenhang mit dem Alter gibt. Junge Christinnen und Christen machen sich nicht mehr Sorgen wegen dem Klimawandel.“ Auffallend ist, dass individuelles Verhalten wie Recycling, Energiesparen oder Konsum wichtiger sind als das gesellschaftliche Engagement.

Wie weiter?

An der StopArmut-Konferenz wurden die Studienergebnisse laut SEA präsentiert und ihre Bedeutung für die Kirche diskutiert. Das sei aber erst der Anfang: Die Diskussion gehe weiter und die Erkenntnisse würden in die weitere Sensibilisierungsarbeit von StopArmut einfliessen.

Die Studie wurde im Auftrag von Interaction/StopArmut vom Forschungsinstitut empirica der CVJM Hochschule Kassel  zum Thema Gerechtigkeit und Nachhaltigkeit (Ge-Na-Studie) durchgeführt. In der Schweiz und Deutschland haben daran über 2500 Personen teilgenommen (1574 Deutschland, 782 deutsche Schweiz, 205 französische Schweiz). Es war eine Zielgruppen-Umfrage unter religiös Motivierten, d.h. Personen, bei denen der Glaube im Alltag eine Rolle spielt. Weitere Infos zur Studie unter: ge-na-studie.net verfügbar.

Quelle: APD, SEA