Es beginnt unspezifisch mit Fieber, Kopf- und Gliederschmerzen und allgemeinem Krankheitsgefühl. Doch nach etwa vier Tagen zeigt die Infektion ihr wahres Gesicht: beginnend im Gesicht, breiten sich über Arme und Beine bis zu Händen und Füssen juckende, hellrote Flecken aus, die dann in Knötchen und später in flüssigkeitsgefüllte Bläschen übergehen. Diagnose: Pocken.
Von Ursula Baumgartner
Die Tatsache, dass Sie seit etwa 40 Jahren keinen Pockenfall mehr in Ihrem Bekanntenkreis gehabt haben dürften, verdanken Sie einer der wichtigsten Errungenschaften der modernen Medizin: der Impfung. Durch sie gelten die Pocken seit 1980 als ausgerottet, nachdem vorher 30 bis 40 Prozent der Infizierten daran gestorben sind.
Das Wirkprinzip herkömmlicher Impfungen
Der diesjährige „Tag der Immunologie“ am 29. April 2022 widmet sich dem Thema Impfungen, ihrem Nutzen und dem Gewinn für die Menschheit. Impfungen simulieren einen Krankheitsbefall, der unser Immunsystem dazu bringen soll, sozusagen für den Ernstfall zu üben. Wird der Körper nämlich von einem Erreger, z.B. einem Virus oder einem Bakterium, infiziert, erkennt das Abwehrsystem den Eindringling als fremd und bläst zum Angriff. Infolgedessen werden verschiedene zum Immunsystem gehörende Zelltypen – B- und T-Zellen – aktiviert, die entweder Antikörper gegen den Erreger bilden oder befallene Körperzellen vernichten. Antikörper sind kleine, Y-förmige Eiweisspartikel, die die Erreger mit ihren beiden „Armen“ an deren Oberflächenstrukturen packen und festhalten können. Die dadurch entstehenden Klümpchen aus Antikörpern und Eindringlingen werden dann von den Riesenfresszellen, den Staubsaugern des Körpers, verschlungen und damit unschädlich gemacht.
All dies kostet den Körper viel Kraft und erklärt typische Symptome mancher Infektionen wie Abgeschlagenheit und Müdigkeit. Doch auch Fieber ist damit zu begründen: Höhere Körpertemperatur kann man bis zu einem gewissen Grad gleichsetzen mit erhöhter Arbeitsfähigkeit des Immunsystems. Damit der Körper aber nicht bei jeder Infektion den vollständigen Prozess durchlaufen muss, bildet er B- und T-Gedächtniszellen, die den zuvor bekämpften Erreger bei erneutem Kontakt wiedererkennen und schnell Massnahmen gegen ihn ergreifen können.
Genau das peilen Impfungen an. Durch Verabreichen eines harmlos gemachten Erregers oder lediglich von Bruchstücken wird das Immunsystem dazu angeregt, den oben beschriebenen Vorgang durchzuführen, damit der Körper, wenn ein echter Erreger ihn befällt, schnell und gezielt reagieren kann und er weniger schwer oder im Idealfall gar nicht erkrankt – er ist immun.
Impfstoffe – damals und heute
Der 29. April nun möchte alljährlich den Menschen die Wichtigkeit der Forschung im Bereich der Immunologie vor Augen führen. Das diesjährige Thema „Impfstoffe“ kann zum einen zur Dankbarkeit dafür anregen, dass einem viel Leid und Sorgen durch die verschiedenen Impfungen erspart bleiben, die bislang entwickelt wurden, zum anderen ist es aber natürlich aufgrund der Corona-Pandemie höchst aktuell. Viel wurde gerade in den letzten fünfzehn Monaten über die neuen Corona-Impfstoffe gesprochen, vieles aus berufenem Munde und noch viel mehr aus besorgtem, panischem, empörtem oder anderweitig eigentlich unberufenem Munde. Ein Tag, der sich diesem Thema widmet und viele offene Fragen beantwortet, ist also prinzipiell sehr begrüssenswert. Auf der Homepage der Deutschen Gesellschaft für Immunologie, kurz DGfI, finden sich in diesem Zusammenhang informative Poster rund um Covid und die Impfung sowie der Link zu einer Liste häufig gestellter Fragen.
Hier wäre es jetzt wünschenswert, in aller Offenheit Stellung zu beziehen zu der Sorge vieler Impfskeptiker vor unerwünschten Neben- und Langzeitwirkungen. Denn auch jedem Nichtmediziner ist inzwischen klar geworden, dass die Corona-Impfstoffe tatsächlich nach einem anderen Muster funktionieren als herkömmliche. Anders als bisher wird kein abgeschwächter Erreger oder ein Teil davon verabreicht. Das, was injiziert wird, ist der Bauplan für ein Virus-Protein. Dies befähigt die Körperzellen dazu, eben jenen Teil des Virus erst selber zu produzieren und dann die oben beschriebene Immunantwort einzuleiten. Die Impfstoffe enthalten den Bauplan für dieses Virus-Protein entweder in Form von DNA (AstraZeneca, Johnson&Johnson) oder in Form von mRNA (Pfizer/Biontech, Moderna). DNA ist das Material, aus dem auch unser Erbgut im Zellkern besteht, mRNA hingegen nutzt der Körper immer, wenn er eine Kopie eines DNA-Abschnitts anfertigt, das den Zellkern auch verlassen darf. Egal welche Firma man wählt, eines haben alle Impfstoffe gemeinsam: Der Transport in die Zelle, bzw. im Fall der DNA-Impfstoffe in den Zellkern, muss auf gentechnischem Wege geschehen, denn unsere Zellen sind nicht in der Lage, Genmaterial aus der Umgebung aufzunehmen. Bei den DNA-Impfstoffen passiert das über einen für den Menschen harmlosen Vektorvirus, der als „Gen-Taxi“ fungiert, bei den mRNA-Impfstoffen mittels Lipid-Nanopartikeln. Dies sind kleine Bläschen, die die mRNA beinhalten und sie durch Verschmelzung mit der Zellmembran in die Zelle entlassen.
Die Antworten der DGfI
Eine wichtige Frage an die DGfI wäre also: Basieren die Covid-Impfstoffe auf gentechnischen Methoden? Diese Frage sucht man jedoch vergeblich, was umso bedauerlicher ist, als ein grosser Teil der deutschen Bevölkerung Lebensmitteln, die mit Gentechnik hergestellt wurden, distanziert gegenüber steht. Es ist kaum anzunehmen, dass sie bei entsprechender Aufklärung die Behandlung mit einem so gearteten Impfstoff gutheissen würde. Die besorgte Frage in oben genannter Liste, ob ein RNA-Impfstoff das Erbgut verändert, wird u.a. mit der Versicherung beantwortet, dass die mRNA gar nicht in den Zellkern gelangt. Die DNA der entsprechenden Impfstoffe tut das allerdings, wie erwähnt, sehr wohl. Das ist den Immunologen aber keine extra Erwähnung wert. Auf dem Poster, das Interessierten einen Überblick über die Impfstoffe verschaffen soll, wird bei den Vektorimpfstoffen ebenfalls nur davon gesprochen, dass sie in die Zelle eindringen. Dass „Bestandteile der aktuellen Impfstoffe in das Erbgut im Zellkern eingebaut werden können“, wird ausgeschlossen. Verschiedene Untersuchungen deuten allerdings darauf hin, dass das Corona-Virus sein Erbgut in seltenen Fällen von RNA in DNA umwandeln und in unser Erbgut einbauen kann. Doch nicht nur Corona-Viren, auch viele andere sind hierzu imstande, weshalb die Virologin Prof. Dr. Karin Mölling Viren gerne als Antreiber der Evolution bezeichnet. Kann man also den Einbau der injizierten DNA in das eigene Erbgut und damit die potentielle, auch spätere Entstehung von Krebserkrankungen nach etwas mehr als einem Jahr der Impfung schon völlig verneinen?
Auch bei der Frage nach Nebenwirkungen und Langzeitfolgen muss man sich wundern. Zwar wird nicht ganz deutlich, von wann die Datenerhebung der DGfI stammt, auf die sich die Antwort bezieht, nach der bei den bisher geimpften Studienteilnehmern keine schweren Nebenwirkungen aufgetreten sind. Dass aber der WHO bereits im Juni vergangenen Jahres die millionenfache Meldung teils schwerster Nebenwirkungen an Kreislaufsystem, Herz, Nervensystem und Sinnesorganen vorlag, dürfte doch auch der DGfI nicht entgangen sein, ebenso wenig wie die Tatsache, dass mehrere Länder wie Deutschland und Dänemark die Gabe des Impfstoffs von AstraZeneca im März 2021 zwischendurch wegen „schwerwiegender thrombotischer Ereignisse“ aussetzten. Auch die Verabreichung des Moderna-Impfstoffs wurde im Oktober 2021 von Schweden und Dänemark unterbrochen, da damit ein erhöhtes Risiko von Herzmuskel- und Herzbeutelentzündung in Verbindung gebracht wurde. Trotzdem beantwortet die DGfI die Frage nach dem Warum einer Impfung gelassen mit der Aussage: „Wie bei jeder anderen Impfung auch, werden auch bei der SARS-CoV-2 Impfung nur erwünschte Immunreaktionen ausgelöst.“
Auch die Sorge vor der Entstehung von Autoimmunerkrankungen will die DGfI nehmen. Einer schematischen Darstellung des Verlaufs einer Immunreaktion nach der Impfung ist zu entnehmen, dass die injizierte RNA oder DNA von Zellen des Immunsystems aufgenommen und weiter verwertet werden soll. Dies kann aber nicht gelenkt werden. Einmal verabreicht, können die Stoffe potentiell in jeder Körperzelle (Muskeln, Blutgefässwände, Leber, …) landen, die dann im weiteren Verlauf als infiziert angesehen und vom Immunsystem bekämpft werden kann. Auch dies müsste dringend diskutiert werden.
Auf dem Poster „Nebenwirkungen und Risiken“ kommt die Sinusvenenthrombose mit eventueller Todesfolge als sehr seltene Nebenwirkung zur Sprache, jedoch mit dem etwas irritierenden Vermerk, dass hiervon mehr Fälle pro Million Geimpfter zu erwarten wären. Symptome, die als Impfreaktionen auftreten, finden Erwähnung, nämlich Schmerzen an der Einstichstelle, Kopfschmerzen, leichtes Fieber etc. Da diese Impfreaktionen aber korrekterweise als „Ausdruck der erwünschten Auseinandersetzung des Immunsystems mit dem Impfstoff“ definiert werden, erweckt man hier den Eindruck, dass es keine unerwünschten Nebenwirkungen gibt. Grossen Wert legt die DGfI hingegen darauf, dass man seine Informationen nicht von falschen Quellen bezieht. Ein Drittel des erwähnten Posters wird dem „PLURV-Prinzip“ gewidmet, also der Warnung vor Pseudoexperten, Logikfehlern, unerfüllbaren Erwartungen, Rosinenpickerei und – natürlich – Verschwörungstheorien. Offen bleibt, ob unter die Kategorie „Pseudoexperten“ nur Menschen fallen, die einen Abschluss auf der „YouTube-Akademie“ haben, oder auch Fachmänner wie Dr. Sucharit Bhakdi, der sein jahrzehntelanges Arbeitsleben der Medizinischen Mikrobiologie gedient hat und nun plötzlich als Verschwörungstheoretiker geschmäht wird.
Nicht gestellte Fragen
Die folgenden Fragen kommen bei der DGfI zwar nicht zur Sprache, seien hier aber erwähnt. Was kann der Einzelne tun, um sein Immunsystem zu stärken, bzw. was schwächt unser Immunsystem? Neben genug Schlaf, guter Hygiene, viel Bewegung und gesunder Ernährung mit viel Obst und Gemüse, um genug Vitamine zu gewinnen, muss hier der Kontakt mit anderen Menschen aufgeführt werden. Das Immunsystem trainiert seine Abwehrfähigkeit u.a. dadurch, dass ihm genügend Krankheitserreger „präsentiert“ werden, die es als fremd erkennen und bekämpfen kann. Fällt dies weg, kann es durchaus zu erhöhter Infektanfälligkeit kommen. An der Zahl der Kinder, die im Herbst und Winter 2021 wegen des Respiratorischen Synzytial-Virus‘ (kurz RSV) in Kliniken behandelt werden mussten, lässt sich ablesen, wie sich die Isolation in den diversen Lockdowns auf deren Immunsystem ausgewirkt hat.
Auch Angst ist ein Stressfaktor für den Körper – und ein „Immunkiller“. Viele Menschen verfolgen seit nunmehr zwei Jahren die Entwicklung der Infektionszahlen mit grösster Sorge. Nicht selten betrachten sie Mitmenschen daraufhin nur mehr als „Virenschleudern“ und potentielle Todbringer, die man in der Öffentlichkeit für falsches Maskentragen, zu geringen Abstand oder anderweitiges Nichteinhalten der Regeln jederzeit zurechtweisen und nach ihrem Impfstatus befragen (und gegebenenfalls danach verurteilen) darf. Prophezeite Horrorszenarien vom deutschen Gesundheitsminister Lauterbach und anderen, nach denen es im März 2022 nur noch Geimpfte, Genesene oder Gestorbene geben sollte, tun ihr Übriges, die Angst mehr als nur lauwarm zu halten. Und wenn die Prophezeiungen nicht eintreten, bleibt die unerschütterliche Überzeugung, dass der Super-GAU nur aufgrund der Massnahmen abgewendet werden konnte. Wäre es also nicht auch Aufgabe der DGfI, die Menschen zu ermutigen, selbst etwas für ihr Immunsystem zu tun?
Auch dem Überstrapazieren des Solidaritätsbegriffs im Zusammenhang mit Impfungen könnte man hier begegnen. Die These, Impfung sei ein Akt der Solidarität mit den Schwächeren und Anfälligeren der Gesellschaft, stimmt nämlich nur, wenn die Impfung imstande ist, nicht nur eine Erkrankung des Geimpften, sondern auch eine Übertragung des Virus zu verhindern. Eine solche sterile Immunität bringen die Corona-Impfstoffe aber erwiesenermassen nicht hervor, auch wenn das Ansteckungsrisiko verringert ist.
Ist es also medizinisch haltbar, Ungeimpfte pauschal als unsolidarisch zu bezeichnen? Ist es akzeptabel, Menschen als Egoisten abzukanzeln, die sich vielleicht aus persönlich gutem Grund gegen eine Impfung entschieden haben?
Und zu guter Letzt vermisst man auf der Seite der DGfI die brennende Frage nach der Impfpflicht. Ist es sinnvoll, eine Impfpflicht mit einem völlig neuartigen Impfstoff einzuführen für einen Infekt, an dem nach offiziellen Zahlen jetzt nach zwei Jahren knapp sechs Prozent der Weltbevölkerung erkrankt sind? Sind die restlichen 94 Prozent wirklich nur wegen der Massnahmen nicht erkrankt? Sollen knapp acht Milliarden Menschen einen Impfstoff verabreicht bekommen gegen einen Infekt, dem bislang weniger als 0,1 Prozent der Bevölkerung zum Opfer gefallen ist, und der ausserdem häufig Mutationen bildet, gegen die der Impfstoff kaum etwas vermag? Nein, die Toten sollen nicht geleugnet oder das Leiden der Schwerkranken und aller Angehörigen verharmlost werden. Doch wir müssen wieder zu einer gewissen Verhältnismässigkeit zurückkehren.
Der Tag der Immunologie ist eine gute und wichtige Idee. So viele Unklarheiten und Unwahrheiten müssten beseitigt werden. Doch die Vorbereitung und Präsentation durch die DGfI lässt befürchten, dass dieser Tag schlichtweg eine Neuauflage aller bisherigen Impfkampagnen sein wird.
Aktualisiert am 20.04.2022 11:26