Das Verbot von sogenannten „Konversionstherapien“ sorgt in der Schweiz bereits seit einigen Jahren für Schlagzeilen. Obwohl der Bundesrat eine am 6. Juni 2019 eingereichte Motion von Rosmarie Quadranti und Angelo Barrile abgelehnt hatte, kämpfen Aktivisten weiter für ein striktes Verbot. Problematisch ist diese Forderung zum einen, weil der Begriff der Konversionstherapie in der Vorlage weder definiert noch sauber abgegrenzt wird.
Ausnahmslos alle Angebote, die den Klientenwunsch nach einer Veränderung im Bereich der sexuellen Orientierung (beispielsweise in Richtung Heterosexualität) ernst nehmen, unter Strafe zu stellen, ist schlichtweg unprofessionell. Würde beispielsweise ein mit einer Frau verheirateter Mann Hilfe suchen, weil er es als konflikthaft erlebt, dass er sich auch von Männern angezogen fühlt, dürften Therapeuten diesen Mann nicht begleiten. Dies würde letztlich nichts anderes als eine Einschränkung der Therapiefreiheit bedeuten, die besagt, dass der Klient das Ziel der Beratung vorgibt.
Verschiedene Politiker und Organisationen wehren sich nun gegen ein undifferenziertes Verbot. Nationalrat Erich von Siebenthal reichte am 16. Dezember 2021 ein Postulat ein, das eine Studie fordert, die aufzeigen soll, welche Therapien in der Schweiz gegenwärtig angewendet werden und wie das geltende Recht auf allfällige problematische Fälle angewandt wird. Die Komplexität des Themas, so Siebenthal, stellt „hohe Anforderungen an eine allfällige Gesetzesformulierung und bedarf sauberer Grundlagen.“ Auch die Schweizerische Evangelische Allianz (SEA) hält einen Eingriff in die Therapiefreiheit für nicht zielführend und warnt vor Überregulierung. In ihrer Medienmitteilung vom 28. Januar 2022 schreibt die SEA, gerade junge Menschen erlebten häufig Verunsicherungen in ihrer sexuellen Identität. Ein undifferenziertes Verbot von „Konversionstherapien“, so die SEA, drohe auch hilfreiche Angebote unter Generalverdacht zu stellen. „Die Freiheit hilfesuchender Personen, eine ihren religiösen Überzeugungen entsprechende Begleitung in Fragen der sexuellen Identität und Praxis zu suchen, soll gewährleistet sein. Aus diesem Grund wird sich die SEA in der politischen Diskussion gegen ein Verbot von ‚Konversionstherapien‛ einsetzen.“