Die Diskussion um die Kommentare der britischen Autorin Joanne Rowling zu Transgender zeigen die Widersprüche eines vom Schöpfungsgedanken losgelösten Menschenbildes.
Ein Kommentar von Peregrinus*
Die bekannte britische Bestsellerautorin Joanne K. Rowling wurde vor kurzem von Vertretern der Transgender-Bewegung als TERF bezeichnet. TERF ist eine Abkürzung und steht für „Trans-Exclusive Radical Feminist“. Damit ist eine feministische Position gemeint, welche die Gendertheorie nicht oder nicht vollständig übernimmt.
Rowling hatte es gewagt, eine Sprachregelung der Transgender-Bewegung nicht gut zu finden und dies öffentlich kund zu tun. Sie hatte zur Überschrift eines Artikels, der die Phrase „Personen, die menstruieren“ enthielt, die Frage gestellt, ob es da nicht einen Begriff gäbe, der diese Personen bezeichne – nämlich „Frauen“.
Dank Rowlings weltweiter Popularität war es nicht überraschend, dass die Transgender-Bewegung davon Wind bekam und in voller Stärke ausrückte. Es hagelte Kritik, auch die Hauptdarsteller der Harry Potter-Verfilmungen distanzierten sich öffentlich von Rowlings Aussagen. Die Autorin erläuterte ihre Position in einem längeren Essay, den sie auf ihrer Internetseite veröffentlichte.
Sie argumentierte, dass die Gendertheorie die Position von Frauen schwäche, weil sie eine den Frauen eigene biologische Realität leugne beziehungsweise die Realitäten, die Frauen gemeinsam haben und sie zu einer „politischen Klasse“ machen, ablehne. Rowling vertritt eine Richtung des Feminismus, welche die Weiblichkeit nicht völlig vom biologischen Geschlecht trennt.
Bei Simone de Beauvoir klingt das ganz anders: „Man kommt nicht als Frau zur Welt, man wird es. Keine biologische, psychische oder ökonomische Bestimmung legt die Gestalt fest, die der weibliche Mensch in der Gesellschaft annimmt. Die gesamte Zivilisation bringt dieses als weiblich qualifizierte Zwischenprodukt zwischen dem Mann und dem Kastraten hervor“, heisst es wörtlich zu Beginn des Zweiten Buches ihres bahnbrechenden Werkes „Das andere Geschlecht“ („Le Deuxième Sexe“, 1949 erschienen).
Die Weiblichkeit der Frau, ihr Frau-sein, ist nach dieser Auffassung ein ausschliesslich soziales Konstrukt, das mit dem biologischen Geschlecht nichts zu tun hat. Denkt man dieses Konzept weiter, kommt man unweigerlich zu der Frage, ob nicht auch ein biologischer Mann das soziale Konstrukt „Weiblichkeit“ annehmen kann. Wenn „sex“ und „gender“ voneinander unabhängig sind, sollte dem nichts Prinzipielles im Wege stehen, sobald die sozialen Rollenbilder hinreichend dekonstruiert sind. Die Gendertheorie macht dort weiter, wo die feministische Theorie nach ihrer Ansicht zu früh aufhört.
Sie löst die Ambivalenz zwischen „sex“ und „gender“ zugunsten des letzteren auf: Wer sich als Mann fühlt, ist einer, ganz unabhängig von seiner biologischen Realität. Der Impuls kommt dann nicht mehr von aussen, von der „Zivilisation“; fällt also nicht mehr unter „Entfremdung“, sondern von innen. Eine gesellschaftliche Anerkennung der Person als Transgender ist die Voraussetzung für deren „selbstbestimmte“ und „authentische“ Entfaltung. „Menschen, die menstruieren“ können dann hinsichtlich ihres biologischen Geschlechts Frauen und Männer sein. Das spielt keine Rolle mehr, wobei sich aber doch die Frage stellt, was mit Mädchen und Frauen ist, die noch nicht oder nicht mehr menstruieren…
In weiterer Folge kritisiert die Gendertheorie unter Berufung auf den französische Philosophen Michel Foucault sogar die Naturwissenschaft Biologie. Deren Feststellung einer Binarität der Geschlechter sei selbst das Ergebnis einer heteronormativen Voreingenommenheit. (Siehe z.B. Judith Butler, „Gender Trouble“, erschienen 1990) Hier geht es aber, das sei noch kurz angemerkt, nicht mehr um die Wirklichkeit selbst, sondern nur mehr um eine Kritik des Sprechens über Wirklichkeit.
Die politische Umsetzung der Gendertheorie hat zu Konsequenzen geführt, die auch so manche Feministin misstrauisch machen. In einigen Ländern reicht es, am Standesamt sein gewünschtes Geschlecht bekannt zu geben, um dieses offiziell annehmen zu können. Die Folge davon sind Männer, die als „Trans-Frauen“ Massnahmen zur Frauenförderung in Anspruch nehmen, aber auch Toiletten und Umkleideräume für Damen aufsuchen und männliche Straftäter, die sich in Frauengefängnisse verlegen lassen. An US-Colleges gibt es den ersten Widerstand gegen Männer, die als „Trans-Frauen“ an Bewerbungen der Damen teilnehmen und diese derart dominieren, dass biologische Frauen keine Chance mehr haben. Geht es so weiter, dann treten beim Finale des 100 Meter Laufs der Damen bei den Olympischen Spielen in Los Angeles 2028 zehn „Trans-Frauen“ gegeneinander an.
Von der Warte der Gendertheorie ist eine feministische Position wie die von Joanne Rowling vertretene ein Rückfall in die „Transphobie“. Rowling hält es übrigens durchaus für möglich, dass ein Mensch „im falschen Körper“ geboren ist und eine „Geschlechtsumwandlung“ für diese Person das Beste ist. Dies müsse allerdings über einen längeren Zeitraum geprüft werden. Sie kritisiert die Gendertheorie nicht grundsätzlich, sondern stellt nur in Frage, was sie als deren Übertreibungen oder Auswüchse kritisiert, die unter anderem dazu führen, dass immer mehr „Trans-Personen“ nach einiger Zeit wieder entsprechend ihrem biologischen Geschlecht leben wollen. Das ist nach jahrelangen Hormonbehandlungen oder gar chirurgischen Eingriffen oft nur mehr mit Einschränkungen möglich.
Die hier nur kurz und holzschnittartig skizzierte Entwicklung zeigt, welche Widersprüche auftauchen, sobald der Mensch nicht mehr als Einheit von Leib und Seele verstanden wird (KKK 364 f.) und sich nicht mehr als von Gott Geschaffener sieht, der – wie Romano Guardini sagen würde – vor der Aufgabe steht, sich in Demut als der jeweils Gegebene anzunehmen, weil er weiss, dass Gott ihn so geschaffen und gewollt hat. (Siehe Romano Guardini, „Die Annahme seiner selbst“)
Quelle: kath.net.
*Der Autor Peregrinus ist der kath.net-Redaktion bekannt.