Fachleute beklagen seit Jahren, dass Kinder zunehmend vaterlos aufwachsen. Warum sind Väter so wichtig und wann ist ein Vater ein guter Vater? Väter sind wichtig, weil der Mensch auf Ergänzung und Polarität hin angelegt ist. Mütter alleine können nicht alles abdecken, was Kinder brauchen.
Wenn Jungen beispielsweise ihre Identität suchen, brauchen sie dafür vertrauenswürdige gleichgeschlechtliche Vorbilder. Sie brauchen den Kontakt zum Vater, wenn sie – im Alter von ca. 3-5 Jahren – plötzlich merken, dass sie anders sind als ihre Mama oder ihre Schwestern. Und auch in der Pubertät orientieren sich Jungen wieder sehr stark an männlichen Vorbildern. Sie brauchen die Bindung an den Vater, um zu sicheren und beziehungsfähigen Männern heranzureifen.
Für Mädchen ist der Vater die erste männliche Bezugsperson. Er bestätigt sie in ihrem Mädchen-Sein und Frau-Werden. Gerade in einer Welt, in der Männer – beispielsweise durch die Medien – oft als „Täter“ gezeigt werden, brauchen Mädchen die Erfahrung, dass Papa vertrauenswürdig, Sicherheit-gebend und liebevoll ist. Dass es sie gibt, die „guten“ Männer, die Frauen achten und ihnen wertschätzend, aber auch klar und grenzgebend begegnen. Männer, die sich nicht alles gefallen lassen, sondern in gesundem Mass Respekt und Achtung einfordern.
Wann ist ein Vater ein „guter Vater ?
Wenn er nicht versucht, wie die Mutter zu sein – das hat das Kind nämlich schon! Kinder profitieren enorm von der Verschiedenheit von Vater und Mutter. Väter sind häufig sachlicher, haben etwas mehr Distanz (keine so enge „Schwangerschaftsverbindung“) sie sind oft „wilder“ im Umgang mit ihren Kindern, fordern mehr, geben mehr Freiraum, „bohren“ weniger nach, sind weniger zimperlich, kommunizieren anders… Das ist „schöpfungsgegeben“ und deshalb gut für das Kind. Ein Vater kann ein guter Vater sein, wenn die Mutter die Idee loslässt, sie wisse, wie man „richtig“ mit dem Kind umgeht.
Hier stecken Frauen häufig in einem inneren Zwiespalt. Ein Zitat aus dem Ehe-Aufsteller, das nicht für die Partnerschaft, sondern auch für die Kindererziehung Bedeutung hat, bringt das Dilemma, in dem nicht wenige Paare sich immer wieder befinden, auf den Punkt: „Frauen wünschen sich einen Mann wie einen schwarzen, starken und heissen Kaffee. Und was machen sie dann? Sie kippen Milch hinein, damit er nicht mehr so schwarz ist, sie tun Zucker rein, damit er nicht mehr so stark ist und zum Schluss pusten sie noch, damit er nicht mehr so heiss ist. Und dann wundern sie sich über die lauwarme Brühe…“ (1)
Väter können ihr Vatersein leben, wenn Mütter anfangen, sich daran zu freuen, dass ihr Mann Dinge anders anpackt, gemeinsame Zeiten auf seine eigene Art gestaltet und den Kindern die Welt aus männlicher Sicht zeigt oder Probleme auf männliche Art löst. Durch die Verschiedenheit von Mutter und Vater werden Kinder auf das vorbereitet, was sie im Leben erwartet. Männer sind gute Väter, wenn sie ihr Mann-Sein fröhlich und entspannt leben und auch bereit sind, Fehler einzugestehen und dazuzulernen.
Männer sind gute Väter, wenn sie in einer bereinigten Beziehung zum eigenen Vater leben. Die Beziehung zu den eigenen Eltern ist wichtig, wenn die Beziehung zu den Kindern gelingen soll. Wer seine Eltern ehrt, so gut dies eben möglich ist – trotz aller Fehler, die sie gemacht haben – hat gute Chancen, von den eigenen Kindern ebenfalls geachtet zu werden. Väter sind nicht zu toppen. Kinder brauchen Väter, die mit ihnen die Wunder der Welt erforschen, sich aufs Kräftemessen einlassen oder andere Dinge tun, die Müttern nie in den Sinn kommen würden.
Väter sind anders – Gott sei Dank!
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(1) Regula Lehmann, Der Ehe-Aufsteller – 77 Gedanken und Zitate für das Leben zu zweit, Basel: fontis-Verlag. Autor des Zitats unbekannt.
Regula Lehmann