Der Bundesgerichtsentscheid vom 11. Juli erlaubt zwei muslimischen Mädchen in Bürglen (TG) den Schulunterricht weiterhin mit Kopftuch (Hijab) zu besuchen – entgegen einem Verbot von Kopfbedeckungen, das in der Schulordnung festgehalten ist. Die Bundesrichter in Lausanne bestätigten mit ihrem einstimmigen Urteil den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Thurgau vom November 2012 und wiesen die Beschwerde der Volksschulgemeinde Bürglen ab.
Das kantonale Verwaltungsgericht habe richtig erkannt, dass ein Kopftuchverbot, das sich auf die Schulordnung stütze, mit der Religionsfreiheit unvereinbar sei, da es sich um einen Eingriff in die Glaubensfreiheit handle. Ein Kopftuchverbot „bedürfe einer Grundlage im formellen Gesetz“, so die Medienmitteilung des Bundesgerichts. Die grundsätzliche Frage bezüglich eines Kopftuchverbots an Schulen sei mit diesem Urteil deshalb nicht geklärt.
Zu Kopfbedeckungen steht in der Schulordnung von Bürglen: „Der vertrauensvolle Umgang untereinander bedeutet, dass die Schule ohne Kopfbedeckung besucht wird. Aus diesem Grund ist das Tragen von Caps, Kopftüchern und Sonnenbrillen während der Schulzeit untersagt.“
Zwei muslimische Schülerinnen wollten im Frühjahr 2011 eine Ausnahmeregelung bezüglich des Kopftuchverbots, die ihnen nicht gewährt wurde und ihr Rekurs an das Thurgauer Erziehungsdepartement wurde abgelehnt. Die nächste Instanz, das kantonale Verwaltungsgericht, gab im November 2012 den muslimischen Schülerinnen Recht. Dieses Urteil wurde durch das Bundesgerichtsurteil nun bestätigt.
Ob solche Urteile für eine notwendige und immer wieder betonte Integration von Mitbürgern ausländischer Herkunft förderlich sind, muss jedoch dahingestellt bleiben. Schulpräsident Rolf Gmünder dürfte jedenfalls wenig erfreut sein. Mit seiner Schule strebt er schon seit vielen Jahren ein „gutes Zusammenleben“ an, wie er gegenüber der NZZ im November 2012 sagte. Mit den Kleidervorschriften wollte die Schule gegen „Ausgrenzungen“ kämpfen. Aus diesem Grund gäbe es die Kleidervorschriften und mit ihnen das Kopftuchverbot nämlich schon seit fünfzehn Jahren bei ihnen.
Seit nun zwei Jahren versucht die Schule mit diesem Fall umzugehen. Etliche Gespräche zwischen Lehrern, Schülerinnen und Eltern wurden geführt, die jedoch erfolglos verliefen, und schriftliche Verweise wegen des an der Schule geltenden Kopftuchverbots ausgestellt. Im Rechtsstreit, der im Frühling 2011 begann, verlor die Schule nun den Fall. Ein Rückschlag, denn die Schule hatte bisher mit ihren Integrationsmassnahmen, die deutlich mehr Punkte umfassen als die Kleidervorschriften, sichtlichen Erfolg.
Laut NZZ besuchen die Schule Bürglen rund 220 Schüler und 200 Schülerinnen. Ein beträchtlicher Teil von ihnen stamme aus dem Ausland; ein Viertel der Schülerinnen seien Musliminnen. Die 3‘300-Einwohner-Gemeinde im Mittelthurgau ihrerseits hat einen Ausländeranteil von knapp 25 Prozent.
Quelle: APD/NZZ