Man muss sich ernsthaft fragen, ob die behördlich betriebene Umerziehung von Kindern zur „Selbstbestimmung“ paradoxerweise nicht die Gefahr für sexuelle Übergriffe erhöht – in der Schweiz genauso wie in Deutschland.
„Die Erziehung zur Demokratie beginnt beim Naseputzen in der Kita“, titelte jüngst die Süddeutsche Zeitung. Sie bezog sich auf die Vorstellung eines Buches zur „Demokratiepädagogik in Kindertageseinrichtungen“, das anlässlich des 30. Jahrestages der UN-Kinderrechtskonvention vorgestellt wurde. Dazu erklärte der Leiter eines Landesinstituts für „Bildung, Erziehung und Betreuung in der Kindheit“, dass es schon bei kleinen Kindern darauf ankomme, „demokratische Werte vorzuleben“. Eine Kita-Leiterin führte dazu aus, dass „Partizipation“ schon „bei ganz kleinen Kindern wichtig“ sei. Deshalb müssten sie vor dem Naseputzen oder Wickeln zuerst gefragt werden [1]. Wie diese „Partizipation“ von Kleinstkindern aussehen soll, erfährt man auf dem, vom Bundesfamilienministerium finanzierten, Portal für „Demokratie und Vielfalt in der Kindertagesbetreuung“. Dort steht: „Gemeinsam mit anderen Tagespflegepersonen hat Cemile an einer Weiterbildung zum Recht des Kindes auf Selbstbestimmung über den eigenen Körper teilgenommen. Seitdem hinterfragt sie ihre Haltung. Ihr ist klargeworden, dass aus Macht leicht Zwang werden kann, wenn Erwachsene gegen den Willen der Kinder handeln. Mit dieser Grenzüberschreitung nehmen sie den Kindern die Möglichkeit, ein eigenes Gefühl für ihren Körper zu entwickeln. … Bei der Weiterbildung hat Cemile am Beispiel des Wickelns ein neues Vorgehen für ihre Tagespflegestelle entwickelt: Wichtig war zunächst die Erkenntnis, dass Kinder selbst ein Gespür dafür entwickeln, dass eine volle Windel irgendwann gewechselt werden muss. Wenn ein Kind also nicht gewickelt werden will, lässt Cemile es zunächst in Ruhe und fragt einige Minuten später noch einmal nach. … Um auch die Eltern ins Boot zu holen, hat Cemile ein Elterngespräch zum Thema veranstaltet“ [2].
Es glaubt wohl kaum jemand, dass solche Ratschläge, die Selbstverständlichkeiten wie das Wickeln problematisieren, Eltern und Erziehern irgendwie weiterhelfen. Aber um praktische Erziehungshilfe geht es auch nicht. Im Gegenteil, es geht um Umerziehung, man könnte es auch Umkonditionierung nennen, der Erwachsenen wie der Kinder. Wie weit diese Umerziehung in die intimsten Lebensbereiche ausgreifen soll, zeigen die Publikationen des o. g. Portals. Da gibt es z. B. eine „Geschlechtervielfalt ist (k)ein neues Thema – Informationen für Eltern“. Dort wird erklärt, dass sich schon kleine Kinder für „Hetero-, Homo- und Bisexualität“ und andere Formen der „sexuellen Orientierung“ interessieren würden [3].
De facto wird unverblümt für Frühsexualisierung geworben, verbrämt als „Aufklärung“. Regierungsamtlich dafür zuständig ist die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA). Trotz des Skandals, den seinerzeit die Broschüre „Körper, Liebe, Doktorspiele“ verursachte, die 2007 wieder zurückgezogen werden musste [4], vertreibt die BZgA weiter entsprechendes Material, so etwa seit 2017 die Kindergartenbox „Entdecken, schauen, fühlen!“. Sie enthält neben anderen „Medien“ und „Spielen“ auch Bücher und Bilder mit entblössten, teilweise nackten Kindern und die Puppen „Lutz“ (mit Hoden und Penis) und „Linda“ (mit Vagina). In der Anleitung wird den Erzieherinnen geraten, „aus Versehen“ die Hosen der Puppen herunter rutschen zu lassen. Kinder sollen dann die Genitalien der Puppen „entdecken“ und „fühlen“ [5]. Auf diese Weise werden Kleinkinder sexualisiert und Schamgrenzen missachtet. Zugleich wird Wickeln als vermeintliche „Grenzüberschreitung“ problematisiert. Diesem Paradoxon liegt das Konzept von der „psychosexuellen Entwicklung“ von Kindern zugrunde. Kindern werden von klein auf „sexuelle Bedürfnisse“ zugeschrieben, die sie ausleben müssten. So fordert etwa Uwe Sielert, Vordenker der sog. Sexualpädagogik der Vielfalt, dass Kindern „Räume eröffnet“ werden müssten, um ihren „Erkenntnis- und Forscherdrang miteinander auch sexuell körperlich auszudrücken“ und erfahren zu können, was „ihnen selbst und den anderen gut tut und was verletzt, weil es persönliche Grenzen überschritten hat“ [6]. Dass Kinder nicht von vornherein vor Grenzüberschreitungen und Verletzungen bewahrt werden, sondern „Erfahrungen“ machen sollen, ist eine Grundprämisse der sogenannten sexuellen Bildung, wie Sielert sie propagiert.
An der Diskussion um sexuellen Kindesmissbrauch bemängelt Sielert, dass sie Kinder zu „Gefährdungsobjekten gemacht“ und zur „völligen Ausblendung einer aktiv anregenden Förderung sexueller Lebensäusserungen“ geführt habe. Konkret kritisiert Sielert, dass „Nacktszenen zwischen Kindern und Eltern wie Erziehern in der Kommune 2 als Warnung vor sexueller Freizügigkeit missbraucht“ würden. Damit würde Kindern eine „stärkende sexuelle Lebensenergie vorenthalten“, die nötig sei, „um ungebetene Grenzüberschreitungen abzuwehren“ [7]. Implizit sagt er damit, dass es auch erbetene Grenzüberschreitungen gebe, Kinder also angeblich sexuelle Kontakte zu Erwachsenen suchen könnten.
Genauso rechtfertigen Missbrauchstäter ihre Übergriffe auf Kinder. In einer perfiden Sophistik unterscheiden Lobbyisten der Pädophilen zwischen einer gewaltsamen und einer vermeintlich unschädlichen Pädophilie. Dies behauptet u. a. der Bremer Soziologe Rudolf Lautmann in seinen „Feldforschungen“ über die „Handlungsstrategien gewaltlos vorgehender pädophiler Männer“, die 1994 unter dem Titel „Die Lust am Kind“ publiziert wurden. Aus seinen „Feldforschungen“ schloss er, dass die „pädophile Sexualform“ über „ein ungewöhnlich differenziertes Konzept zum Konsens“ verfüge. Die vermeintlich einfühlsamen „echten“ Pädophilen empfahl er als „Akteure einer planvolleren sexuellen Sozialisation“ und Sexualaufklärer der Jugend [8]. Tatsächlich gab die Berliner Senatsverwaltung unter Anleitung des Sozialpädagogen Helmut Kentler über Jahrzehnte Strassenkinder zu pädosexuellen Männern in Pflege. Dass diese Männer die Kinder aufnahmen, weil sie mit ihnen Sex haben wollten, war Kentler klar [9].
Welche Rolle bei diesen Verbrechen unter staatlicher Obhut die Jugendämter spielen, soll ein Forschungsprojekt zum „Kentler-Experiment“ erhellen, dessen Ergebnisse demnächst vorgestellt werden sollen [10]. Fest steht, dass Kinder bleibende schwere psychische Schäden erlitten haben. Kentlers Eintreten für Pädophilie war seit Ende der 1960er Jahre publik. Trotzdem wurde er im politisch-medialen Establishment als „renommierter Sexologe“ (SPIEGEL) verehrt [11]. Uwe Sielert verehrt ihn bis heute und verbreitet mit Hilfe der Bundeszentrale für Gesundheitliche Aufklärung weiter die Ideologie der Kindersexualisierung [12], die „emanzipatorisch“ verbrämt, in Wahrheit Missbrauch fördert. Zugleich soll Eltern eingeredet werden, dass Wickeln gegen angebliche Kinderrechte verstosse, wenn die Kinder nicht „partizipierten“. Diese Absurditäten haben System: Es geht darum, Eltern zu verunsichern und ihre Erziehung als vermeintlich defizitär zu disqualifizieren. Gegenüber Behörden und tonangebenden Medien sollen andersdenkende Eltern als vermeintliche Laien verstummen. Ihr in Art. 6 des Grundgesetzes verbrieftes Erziehungsrecht soll deshalb durch Kinderrechte „ergänzt“ und so ausgehebelt werden. Man kann sich, auch im Licht der Berliner Erfahrungen, fragen: Soll hier klammheimlich ein Tor für Pädophile geöffnet werden? Dass Kinder von solchen Rechten und Ämtern besser vor sexuellen Übergriffen geschützt würden, erscheint jedenfalls mehr als zweifelhaft.
Quelle: Institut für Demographie, Allgemeinwohl und Familie iDAF
Ergänzung der Redaktion: Sielerts Einfluss ist auch in der Schweiz nicht zu unterschätzen. Jüngstes Beispiel ist sein Aufsatz „Sexualerziehung in (Grund)Schulen: Situation und Optionen für die Lehrerbildung“ in der Oktoberausgabe 2019 des Thurgauer „Schulblatt“. Darin spricht der Professor von „Kindersexualität“, welche „sexualerzieherisch zu begleiten“ sei, denn Kinder hätten „ein Recht auf Sexualerziehung und eine ungestörte Entwicklung ihrer je spezifischen sexuellen Identität“. Wie der Thurgauer Kantonsrat Hermann Lei dazu in der „Schweizerzeit“ kommentiert, gehe es in der „Sexualpädagogik“, wie sie von Sielert und seinen Nachfolgern in den Schulen propagiert werde, nicht um Aufklärung, sondern um sexuelle Umerziehung. „Die Kinder sollen dazu animiert werden, mit sich, anderen und gleichgeschlechtlichen Partnern sexuelle Erfahrungen zu machen. Sielert ist deshalb sehr umstritten. Seine Theorien gehen insbesondere auf triebmythologische und neomarxistische Theorien nach Wilhelm Reich zurück. Die sexuelle Erregung von Kindern solle in den Sexualkundeunterricht einbezogen werden.“ Auch ist Sielerts und somit Kentlers grosser Einfluss auf die WHO-Standards für Sexualaufklärung in Europa, die als Soft Law die Sexualpädagogik in der Schweiz bestimmen, eine erwiesene Tatsache.
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Anmerkungen
[2] https://spark.adobe.com/page/TpJsg9aG7kREt/
[4] Eingehend hierzu: http://www.erziehungstrends.net/Sexualerziehung
[5] Siehe: https://www.bzga.de/infomaterialien/sexualaufklaerung/). Hierzu auch die Antworten auf Schriftliche Fragen an die Bundesregierung Arbeitsnummern 10/358 10/361.
[6] https://www.isp-sexualpaedagogik.org/downloadfiles/vortrag_Sielert_-_Sexuelle_Bildung.pdf
[7] Siehe ebd.
[8] Vgl.: Rüdiger Lautmann: Die Lust am Kind, Hamburg 1994, S. 98, zitiert nach: Gerhardt Amendt, Pädophilie oder: Über sexualwissenschaftliche Trivialisierungen inzestartiger Handlungen, in: Leviathan – Zeitschrift für Sexualwissenschaft, Jahrgang 25 – 1997, S. 1-12.
[10] https://www.tagesspiegel.de/berlin/ermittlungen-zu-kentler-experiment-eingestellt-paedophilen-skandal-in-berlin-weiterhin-ungeklaert/24981076.html; https://www.tagesspiegel.de/berlin/bericht-zum-missbrauch-von-pflegekindern-kentler-experiment-in-berlin-dauerte-laenger-als-angenommen/25242306.html
[11] Vgl.: Christa Meves: Manipulierte Masslosigkeit, Freiburg im Breisgau 1972, S. 84 ff. Eingehender hierzu: http://www.erziehungstrends.net/Sexualerziehung