Niklaus von Flüh (1417), Reformation (1517), Oktober-Revolution (1917)! Das kommende Jahr 2017 bringt mehrere bedeutsame Jubiläen und Gedenktage, die all diejenigen, die sich um zukunftstragende Werte für unser Land bemühen, nicht unberührt lassen können. Eine wichtige Aufgabe im kommenden Jahr besteht darin, diese Lichter und Schatten der Vergangenheit ernsthaft zu bedenken und daraus die notwendigen Konsequenzen für unsere Gegenwart zu ziehen.

Von Dominik Lusser

2017 begehen wir den 600. Geburtstag von Niklaus von Flüh, auch Bruder Klaus genannt. Der Einsiedler aus der Ranftschlucht im Kanton Obwalden gilt als einflussreicher Mahner für die Eintracht unter den Eidgenossen des 15. Jahrhunderts. Bruder Klaus ist zweifellos eine hervorragende Gestalt der Schweizer Geschichte. Er war nicht nur ein zurückgezogener Beter und Gottsucher, sondern trat zu einer Zeit, als es um den Frieden in der Eidgenossenschaft nicht gut stand, als Friedensstifter zwischen den Kantonen auf. Niklaus von Flüh war überzeugt, dass wahrer Friede nur dort gedeihen kann, wo Gott im Zentrums steht: „Friede ist allweg in Gott, denn Gott ist der Friede.“

Christliche Renaissance?

Vierzig Jahr nach dem Tod von Niklaus von Flüh kam es 1517, also vor 500 Jahren, zur Reformation. Dieses denkwürdige Ereignis, das von reformierter und katholischer Seite theologisch nach wie vor sehr unterschiedlich bewertet wird, spaltete die abendländische Christenheit in zwei Lager, die fortan für lange Zeit unversöhnlich nebeneinander her lebten. Doch die Schweiz schaffte es dank viel Engagement reformierter und katholischer Bürger, den konfessionellen Graben wenigstens auf politischem Gebiet nach und nach zu überwinden. Heute sehen wir, dass sich in verschiedenen Bereichen neue, überkonfessionell christliche Allianzen bilden, die in Staat und Gesellschaft mutig und fruchtbar für den Erhalt christlicher Werte einstehen. Anderseits muss man aber auch zur Kenntnis nehmen, dass sich heute gerade in den Stammlanden der Reformation weite Teile der katholischen wie der reformierten Kirche darin überbieten, einem fragwürdigen Zeitgeist nachzulaufen.

Dieser Zeitgeist wird heute u.a. stark durch ein Wiederaufleben des Kulturmarxismus bestimmt, der im postmodernen Gewand der Gender-Ideologie daherkommt und immer mehr die Form einer Diktatur des Relativismus annimmt. Und damit sind wir bei einem dritten, äussert besorgniserregenden Jubiläum, das seinen dunklen Schatten bis weit in unsere Gegenwart wirft: die bolschewistische Oktoberrevolution von 1917, mit der Lenin und seine Gefolgsleute eine marxistische Gesellschaftsordnung auf den Säulen von Atheismus und radikalem Materialismus errichten wollten.

Weltweite Oktoberrevolution?

Im Zusammenhang mit dem Sowjet-Kommunismus, der schliesslich nach 70-jähriger Unterjochung und planwirtschaftlicher Misswirtschaft kläglich zusammenbrach, wird oft nur über die wirtschaftlichen Aspekte der marxistischen Revolution gesprochen. Dabei wird übersehen, dass die Oktoberrevolution von Anfang an auch ein gesellschaftspolitisches Programm verfolgte: nämlich die Zerstörung der Familie durch eine vermeintliche Befreiung der Frau von Ehemann, Hausarbeit und Kindern. Von Anfang an galt die bis heute von linken Parteien proklamierte Maxime, dass Produktionsverhältnisse Geschlechterverhältnisse sind. Klassenkampf und Geschlechterkampf sind die beiden Seiten ein und derselben Medaille. Die Ehe sollte ab 1917 durch die „erotische Kameradschaft“ ersetzt, der Abhängigkeit der Ehepartner voneinander durch die Kollektivierung von Hausarbeit und Kinderbetreuung ein Ende gesetzt werden. Die Befreiung der Frau verlangt nach marxistischer Doktrin deren Integration in den Produktionsprozess – eine Forderung, die inzwischen unter dem Euphemismus „Vereinbarkeit von Familie und Beruf“ sogar im Programm „christlicher“ Mitteparteien fest verankert ist. Dass auf die Beseitigung der natürlich angelegten Solidargemeinschaft von Mann, Frau und Kindern nur die Abhängigkeit isolierter Individuen von einem allmächtigen Staat folgen kann, dessen Macht auch mit dem technischen Fortschritt (z.B. der Reproduktionsmedizin) ständig wachsen würde, wird von wenigen durchschaut.

Die gesellschaftspolitische Revolution, die in den ersten Jahren der russischen Revolution als Folge von Armut und Misswirtschaft nicht voll umgesetzt werden konnten, sind im Westen spätestens seit 1968 unaufhaltsam auf dem Vormarsch. Angereichert durch postmoderne, scheinbar ideologiekritische Gesellschafts- und Geschlechtertheorien (Michel Foucault, Judith Butler, usw.), sind die alten marxistischen Utopien seit 1995 sogar fester Bestandteil der gesellschaftspolitischen Agenda der UNO. Die Bekämpfung von Zweigeschlechtlichkeit und Heteronormativität sind nichts als eine Radikalisierung des Zerstörungskrieges, den der Marxismus seit jeher gegen die natürliche Familie führt.

Erst Anfang Dezember 2016 hat der Bundesrat beim Parlament die Ratifizierung der sogenannten Istanbul-Konvention des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt beantragt. Einmal mehr wird ein wichtiges Anliegen für eine ideologische Agenda vereinnahmt. Wie unschwer erkennbar ist, stellt die Konvention eine grosse Gefahr für den liberalen Rechtsstaat, die Meinungsfreiheit, die elterlichen Erziehungsrechte und die Religionsfreiheit dar. Da gemäss der Konvention jede faktische Ungleichheit zwischen den Geschlechtern als Gewalt gegen Frauen geahndet werden kann, wächst die Gefahr des Rechtsmissbrauchs. Was z.B. mit „wirtschaftlicher Gewalt“ gemeint sein soll, wird nicht näher erläutert. Ausufernden Interpretationen sind also Tür und Tor geöffnet. Damit verbunden laufen Gesetzgebung und Rechtsprechung Gefahr, sich unter dem Druck politischer Korrektheit von einer sachgeleiteten Praxis zu entfernen und einem ideologischen Krieg zwischen den Geschlechtern Vorschub zu leisten. Ein solcher Krieg aber ist nichts anders als Kulturmarxismus in Reinkultur.

Glaube oder marxistische Pseudoreligion?

Doch was kommt, wenn Familie geht? Was marxistische Utopisten bis heute als Erlösung vermarkten, hätte zerstörerische Auswirkungen für den einzelnen Menschen und die Gesellschaft. Die Erosion von Ehe und Familie würde immer mehr Frauen und Männer heimatlos und Kinder haltlos machen. Der Gender-Marxismus ist letztlich eine gnostische, d.h. schöpfungs- und leibfeindliche Sekte. Sie ist realitätsfern. Ihr Ziel ist die unerbittliche Zerstörung der natürlichen Ordnung, in der die Grundvollzüge menschlicher Existenz bestens aufgehoben und eingebettet sind. Wenn Familie geht, dann geht mit ihr auch eine wahrhaft humane Gesellschaft.

Wenn im kommenden Jahr 2017 in Russland des 100. Jahrestages der „Oktober-Revolution“ gedacht wird, so ist das auch für die Kirche ein Anlass, auf die negativen Folgen einer Gesellschaft hinzuweisen, die sich von Gott abwendet. Das hat der russisch-orthodoxe Patriarch Kyrill I. laut Bericht von kath.net kürzlich in Moskau unterstrichen. Eine der wichtigsten Lehren, die es aus der Oktober-Revolution zu ziehen gelte, laute demnach, dass eine „auf der Rebellion gegen Gott und sein ewiges moralisches Gesetz aufbauende Gesellschaft“ zur Selbstzerstörung verurteilt sei. Es sei notwendig, sich gerade heute dessen zu erinnern, so der Patriarch, da es „in einer Reihe von Staaten Versuche gibt, das Leben der Menschen und das System der Öffentlichkeit auf der Marginalisierung der Religion aufzubauen“. Die Ereignisse von 1917 hätten schliesslich „zur Machtergreifung radikaler politischer Kräfte geführt“, die die „Ideen des Atheismus und des Materialismus verbreitet“ und eine „traditionelle Lebensweise zerstört“ hätten – mit der Folge eines „blutigen Bürgerkriegs“ und „massiven Repressionen gegen alle, die anderer Meinung waren“.

Nehmen wir uns 2017 also Zeit, die Geschichte, deren Lichter und Schatten bis in die Gegenwart reichen, zu studieren. Und ziehen wir daraus unsere Lehren! Auch uns von Zukunft CH werden die genannten Gedenktage durchs Jahr 2017 begleiten.