Sprache wird immer mehr Opfer von Ideologien. In einem Kommentar in der Welt zeichnet Hannah Bethke ein aktuell eher düsteres Bild der Sprachkritik. Sprache diene heute nicht mehr primär als Ausdrucksmittel, sondern als Mittel der Macht, die eine Gesellschaft formt. „Selbst wer diese Überzeugung nicht teilt, entkommt ihr nicht; denn wer etwa identitätspolitische Sprachregeln ignoriert, trifft unweigerlich eine politische Aussage“, so Bethke.
Das zeige sich vor allem beim Gendern, dem ein Dogma zugrunde liege: „Nur wenn wir auch alle gendergerecht sprechen, kann die geschlechtsspezifische Ungleichheit überwunden werden.“ Dabei postulieren Gender-Befürworter, dass es eine generelle Ungleichheit der Geschlechter gebe, die es zu überwinden gelte. Wer diese Meinung nicht bedingungslos teile, ignoriere sie und sei daher im besten Fall konservativ und rückwärtsgewandt, eigentlich aber rechts, so wolle es das linke Feindbild, beschreibt Bathke.
Die Ideologie verdränge die Qualität der Ausbildung: „Immer häufiger anzutreffen sind in Deutschland etwa Hochschulabsolventen, die nach abgeschlossenem Studium perfekt gendern, aber nicht wissen, was der Konjunktiv ist“, schreibt Bethke. Gerade die Grammatik sei das Fundament der Sprache: „Wer grammatikalisch nicht mehr sauber trennt zwischen den Ebenen der indirekten Wiedergabe, der Tatsachen und der eigenen Wertungen, vollzieht diese methodisch notwendige Trennung oftmals auch inhaltlich nicht. So wird dann etwa die blosse Wiedergabe einer Position schon als Parteinahme verstanden. Oder aber es wird etwas als Tatsache gesetzt, was eine blosse Weltanschauung ist. Und das Gendern – um beim Beispiel zu bleiben – gehört dazu.“ Wo das ideologische Bekenntnis wichtiger sei als das vorurteilsfreie Verstehen eines Textes, sei die Vermischung der analytischen Ebenen eine notwendige Folge.