Der Bundesrat hat am 13. November 2024 das Vernehmlassungsverfahren zu den „Anpassungen der Internationalen Gesundheitsvorschriften“ („IGV“) eröffnet. Die Stiftung Zukunft CH setzte sich in einer Vernehmlassungsantwort kritisch mit den angepassten IGV auseinander.  

Die revidierten IGV gehen auf die Weltgesundheitsversammlung (WGV) vom 1. Juni 2024 in Genf zurück. Sie weisen im Vergleich zur Fassung aus dem Jahre 2005 keine grosse Anzahl von Änderungen auf. Dennoch sind Anpassungen festzustellen, die in der Summe den Einflussbereich der WHO deutlich erweitern und den Handlungsspielraum der Schweiz bzw. der Kantone gegenüber der WHO in Zukunft erheblich einschränken und zu erheblichen finanziellen und rechtlichen Verpflichtungen führen.

Zukunft CH lehnt die IGV-Anpassungen ab

In ihrer Vernehmlassungsantwort kommt Zukunft CH u.a. zu folgenden Schlussfolgerungen:

  • IGV-Revision mit weitreichender Wirkung:

Die Ausweitung der Befugnis des WHO-Generaldirektors, im Zweifel globale Gesundheitsnotstände beliebig lange eigenmächtig auszurufen, verstösst gegen das Willkür- und Legalitätsprinzip [Art. 5 der Bundesverfassung (BV), Art. 9 BV]. Es besteht kein adäquater Schutz der Betroffenen vor Missbrauch und Willkür und keine Verantwortlichkeit gegenüber den betroffenen Mitgliedstaaten resp. gegenüber den Kantonen und der Bevölkerung. Zudem verstösst es gegen das Prinzip der Gewaltentrennung („Checks & Balances“) und gefährdet das Subsidiaritätsprinzip (Art. 5a BV) sowie die Autonomie der Kantone im Gesundheitswesen.

  • Problematik der „Relevant Health Products“:

Die weitreichende Kompetenz der WHO, sämtliche „relevanten Gesundheitsprodukte“ definieren zu dürfen, wird die einheimische Produktion und den Vertrieb alternativer Diagnose- und Behandlungsmittel ebenso schädigen wie die Anbieter alternativer und ebenso wirksamer Behandlungsmethoden. Sie führt zu einer strikten Fixierung auf die „WHO-Liste der Gesundheitsprodukte“, die sowohl den Arzt als auch die Patienten ihrer Wahlfreiheit im Bereich der höchstpersönlichen Rechte und des eigenverantwortlichen Gesundheitsschutzes (Art. 10 BV; Art. 28 ZGB) beraubt. Und besonders problematisch dabei: Es ist nicht bekannt, wer letztlich die Produkte auf dieser Liste definiert.

  • Einschränkung der Informationsfreiheit:

Die neue völkerrechtliche Verpflichtung der WHO-Mitgliedstaaten, dauerhaft sog. „Misinformation“ und „Desinformation“ zu bekämpfen, stellt eine Verpflichtung zur innerstaatlichen Informationskontrolle und letztlich zur Zensur dar. Dies widerspricht der verfassungsrechtlich geschützten Meinungs- und Informationsfreiheit (Art.16 BV) sowie dem Zensurverbot (Art. 17 Abs. 2 BV). Sie gefährdet zudem die freie Wissenschaft. Sie schränkt die Möglichkeit von Ärzten und Patienten ein, sich über sämtliche entscheidungsrelevante Tatsachen ein eigenes Urteil zu bilden und gefährdet damit das Prinzip des „Informed Consent“. Ohne eine informierte und freiwillige Einwilligung wird jedoch selbst ein korrekt ausgeführter medizinischer Eingriff in die körperliche Unversehrtheit zur strafrechtlich relevanten Körperverletzung.

  • Verletzungen eigener Verfahrensregeln durch die WHO:

Der Weg zur finalen Abstimmung über die Revision vom 1. Juni 2024 anlässlich der WGV war durch schwerwiegende Verstösse gegen grundlegende WHO-Verfahrensregeln geprägt, nämlich Art. 55 Abs. 2 IGV und Art. 72ff. der WHO-Geschäftsordnung.

Inhaltlich mangelhaft, verfahrensrechtlich fragwürdig

Damit ist ausreichend begründet, dass die geänderten IGV nicht nur in inhaltlicher Hinsicht mit schweren Mängeln und potenziellen Risiken für die Schweiz, für die Kantone und für die Bürger belastet sind, sondern auch in Bezug auf ihr verfahrensrechtliches Zustandekommen. Die Missachtung der besagten Verfahrensregeln, insbesondere wenn sie wie vorliegend einen entscheidenden Einfluss auf das Abstimmungsergebnis haben kann, stellen schwere Verfahrensmängel dar, die zur Ungültigkeit des WGV-Beschlusses vom 1. Juni 2024 betreffend IGV-Revision führen.

Aus den in der Vernehmlassungsantwort dargelegten materiellen und formellen Gründen lehnt die Stiftung Zukunft CH die IGV-Anpassungen ab. Gleichzeitig ersucht Zukunft CH den Bundesrat, der WHO bis spätestens 19. Juli 2025 die Zurückweisung aller IGV-Anpassungen (sog. „Opting-out“) zu erklären und die Vorlage dem Parlament zu unterbreiten. Die revidierten IGV enthalten einschneidende verpflichtende Bestimmungen, die im Rahmen eines parlamentarischen Verfahrens behandelt werden müssen.

Die ganze Vernehmlassungsantwort können Sie hier nachlesen:
Zukunft CH Vernehmlassungsantwort Anpassungen IGV 25.2.2025