Koranunterricht ist für Muslime wichtiger als reguläre Schulbildung. Zu diesem Schluss kommt die aktuelle Studie der Dokumentationsstelle Politischer Islam (DPI) „Zwischen Rechtsstaat, Kultur und Religion“, die bei moslemischen Einwanderern aus Somalia, Sudan und Westafrika in Wien durchgeführt wurde.
Laut der Untersuchung priorisieren 52,3 Prozent der Befragten den Koranunterricht gegenüber dem herkömmlichen Schulunterricht. Dabei zeigen sich deutliche geschlechtsspezifische Unterschiede: 63,3 Prozent der Männer vertreten diese Ansicht, während nur 38,3 Prozent der Frauen dies bestätigen. Die Ergebnisse zeigen klar, dass religiöse Bildung in diesen Communities häufig eine überragende Rolle spielt. Dies stellt Herausforderungen für Integration und Bildungsgerechtigkeit dar“, so Lisa Fellhofer, Direktorin der Dokumentationsstelle.
Frauen als Schlüssel für Integration
Die Studie offenbart eine insgesamt aufgeschlossenere Haltung von Frauen innerhalb der untersuchten Communities. Beispielsweise befürworten 68,5 Prozent der Frauen, dass sie in der Öffentlichkeit selbstbewusst auftreten sollten, verglichen mit nur 41,7 Prozent der Männer.
„Frauen zeigen“, so Martina Gajdos, eine der Studienautorinnen, „eine grössere Offenheit und stehen häufiger für Gleichberechtigung und moderne Werte ein. Sie sind ein entscheidender Faktor, wenn es darum geht, religiös-extremistische Tendenzen zu überwinden und gesellschaftliche Integration voranzutreiben“.
Bildung als Brücke?
Für Fellhofer ist es wichtig, „eine Balance zwischen religiöser und säkularer Bildung zu finden. Nur so können langfristig Integration, gesellschaftliche Teilhabe und die Akzeptanz rechtsstaatlicher Werte gefördert werden“. Insgesamt liefert die DPI-Studie zentrale Erkenntnisse über die Herausforderungen und Chancen bei der Integration muslimischer Gemeinschaften in Wien. Sie verdeutlicht die Rolle von Bildung und von Frauen als Schlüssel zur Überwindung extremistischer Tendenzen.
Kleidung und Kopftuch
Aus den Resultaten wird auch klar, dass die Einstellungen unter muslimischen Befragten in Bezug auf Frauenrechte und Kleidung besorgniserregend sind. Dabei besteht ein signifikanter Unterschied, ob Personen den Koranunterricht oder den regulären Schulunterricht bevorzugen: 23,4 Prozent der Befragten, die den Koranunterricht höher bewerten, stimmen der Aussage zu, dass leicht bekleidete Frauen eine Mitschuld an Belästigung tragen. Im Vergleich dazu vertreten nur 15,2 Prozent derjenigen, die den Schulunterricht wichtiger finden, diese Ansicht.
Ein ähnliches Muster zeigt sich bei der Frage, ob muslimische Frauen ein Kopftuch tragen sollten. Hier stimmen 33,6 Prozent der Befürworter des Koranunterrichts zu, während der Anteil bei Schulbefürwortern mit 16 Prozent deutlich geringer ist.
Alarmierend: Einstellung zu staatlichen Gesetzen
Ein weiteres alarmierendes Ergebnis betrifft die Einstellung zur Rechtsordnung. Ein beträchtlicher Anteil der befragten Muslime stellt die Autorität des österreichischen Rechts infrage, wenn diese mit religiösen Vorschriften kollidiert. 24,7 Prozent der Befragten gaben an, die österreichischen Gesetze „keinesfalls“ zu befolgen, wenn diese dem Koran widersprechen. Weitere 22,9 Prozent stimmten der Aussage „eher nicht“ zu.
Die Ergebnisse der Studie werfen ein Schlaglicht auf die Spannungen zwischen islamischer Identität sowie den islamischen Werten und den Prinzipien eines säkularen Rechtsstaates. Sie zeigen, dass islamische Einstellungen nach wie vor hochproblematisch sind und nicht unbeachtet bleiben dürfen.
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