Vor genau zehn Jahren, am 15. Februar 2015, verbreitete der sogenannte „Islamische Staat“ (IS) ein grausames Video: 21 Männer wurden am Strand von Sirte in Libyen vor laufender Kamera brutal hingerichtet. Ihr Verbrechen? Sie waren Christen.

Die Aufnahmen, in denen die Gefangenen in orangen Overalls kniend vor ihren Peinigern zu sehen waren, erschütterten die Welt. Viele der Märtyrer starben mit den Worten „Herr Jesus Christus“ auf den Lippen. Ein Jahrzehnt später bleibt die Erinnerung an die Opfer lebendig.

Die Bluttat von Sirte: ein Rückblick

Die 21 Männer, 20 Kopten aus Ägypten und ein Christ aus Ghana, waren Gastarbeiter in Libyen. Zwischen Dezember 2014 und Januar 2015 wurden sie von der islamistischen Miliz Ansar al-Scharia entführt, die sich kurz zuvor dem IS angeschlossen hatte. Die Täter überprüften die Ausweise ihrer Opfer, um sicherzugehen, dass sie Christen waren.

Wenige Wochen später veröffentlichte der IS ein Video mit dem Titel „Eine in Blut geschriebene Botschaft an die Nation des Kreuzes“, in dem die Enthauptungen in brutaler Detailtreue gezeigt wurden. Die 21 Männer knien in einer Reihe am Strand, gekleidet in orangefarbenen Overalls, die Hände auf dem Rücken gefesselt. Hinter jedem von ihnen steht sein späterer Mörder, komplett in Schwarz, das Gesicht bis auf die Augen durch eine Mütze verdeckt. Nur einer hebt sich optisch von den anderen ab. Dieser hält sodann eine Rede an die Zuschauer, in der er u.a. verkündet, man stünde hier „südlich von Rom“. In diesem Begriff, analysiert Schriftsteller Martin Mosebach in seinem Buch „Die 21“, „ist alles zusammengefasst, was dem Islam Widerstand leistet“.

So steht die dann gefilmte barbarische Ermordung der 21 Männer sinnbildlich für einen beabsichtigten Krieg gegen all das – das Christentum, Amerika, der Westen oder was immer sich dem Islam entgegenstellen mag.

Die Reaktion der Kopten

Die Ermordeten wurden in der koptisch-orthodoxen Kirche offiziell als Märtyrer anerkannt. Patriarch Tawadros II. nahm sie ins “Synaxarium” (das koptische Martyrologium) auf, wodurch sie als Heilige verehrt werden dürfen. Besonders in ihrem Heimatdorf El-Or, wo 13 der Opfer herstammten, ist das Gedenken an sie tief verwurzelt. Hier wurde eine Kirche zu ihren Ehren errichtet, die jährlich Tausende Gläubige anzieht. Den Vorplatz der Kirche ziert eine überlebensgrosse Darstellung der Märtyrer. Hinter ihnen steht Christus mit ausgebreiteten Armen.

Der Schmerz der Familien ist auch nach zehn Jahren noch spürbar. Einer der Getöteten, Lucas Nagaty Anis, wurde während seiner Gefangenschaft Vater – seine Tochter hat ihn nie kennengelernt. Sein Bruder sagte später: „Unser Trost ist, dass sie nun bei unserem Herrn sind.“

Extremismus in Ägypten

Die Enthauptung der 21 Christen war nicht nur ein barbarischer Terrorakt, sondern auch eine Manifestation einer Ideologie, die Christen systematisch als Feinde betrachtet. Der ägyptische Journalist Ibrahim Eissa erklärte damals: „Diese Tötungen sind die Ernte der Dornen, die vor 40 Jahren mit den Ideen des politischen Islam gepflanzt wurden.“ Besonders die salafistische Theologie, die auch an Ägyptens renommierter Al-Azhar-Universität gelehrt wird, steht seitdem unter scharfer Kritik.

Die koptische Minderheit in Ägypten, die rund 10 Prozent der Bevölkerung ausmacht, leidet bis heute unter Diskriminierung und Gewalt. Zwar hat die Regierung unter al-Sisi wiederholt ihre Solidarität bekundet, doch das gesellschaftliche Klima bleibt fragil. Viele Kopten fühlen sich als Bürger zweiter Klasse und berichten von Hindernissen beim Bau neuer Kirchen oder von Angriffen durch radikale Islamisten.

Ein Zeitalter der Verfolgung

Der Mord an den 21 Christen war kein isoliertes Ereignis, sondern Teil eines globalen Musters. Die Verfolgung von Christen nimmt weltweit zu – von Nigeria über den Nahen Osten bis nach Südasien. Die Hilfsorganisation Open Doors listet Ägypten auf Platz 40 des Weltverfolgungsindex 2025. Die Gewalt gegen Christen hält an.

Besorgniserregend ist, dass der Westen solche Verbrechen oft nur beiläufig zur Kenntnis nimmt. Während islamische Anschläge in Europa zu massiven Reaktionen führen, bleiben die Schicksale von verfolgten Christen in islamischen Ländern oft eine Randnotiz. Warum gibt es keine Proteste gegen diese systematische Christenverfolgung? Warum werden Christen in Afrika und im Nahen Osten oft sich selbst überlassen?

Zehn Jahre nach dem Massaker von Sirte müssen wir uns fragen: Haben wir aus der Geschichte gelernt? Oder sind wir blind für das Leid von Millionen Menschen, die für ihren Glauben sterben, und für die Gefahr, die nach wie vor vom radikalen Islam ausgeht? Die 21 Märtyrer von Sirte sind ein Mahnmal – nicht nur für Ägypten, sondern für die ganze Welt.

Bestellen Sie passend zum Thema unsere Broschüre „Das Abrogationsprinzip im Islam: Grundlage der Gewalt“ oder unsere Publikationen „Im Fokus: Gewalt und Migration“ jetzt über das Bestellformular. (Bestellungen aus dem Ausland nur bei Übernahme des Portos.)